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Protokoll der Anhörung am 08.11.2004

Lesen Sie das vollständige Protokoll hier.

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Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Ich begrüße Sie heute Morgen ganz herzlich. Ich eröffne die 52. Sitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und die öffentliche Anhörung zum Thema: Reform der EU-Zuckermarktordnung.

 

Ich möchte ganz herzlich neben den Kolleginnen und Kollegen aus dem Verbraucherausschuss auch die Kollegen aus dem Auswärtigen Ausschuss sowie des Innenausschusses begrüßen. Es werden sicher auch noch einige anreisen, wie übrigens auch Sachverständige, die wegen des frühen Beginns noch nicht anreisen konnten und natürlich unsere Gäste, ebenso die Staatssekretäre, die Herren Matthias Berninger und Gerald Thalheim und natürlich auch die Dolmetscherinnen, Frau Barbian und Frau Mayes. Ich habe auch schon mitbekommen, dass einige von Ihnen genauso früh aufstehen mussten wie ich, nämlich um halb vier, d. h. wir werden gemeinsam bei diesem wichtigen Thema wieder wach werden und wichtig ist das Thema, da besteht ja gar kein Zweifel daran, sowohl für die deutsche Wirtschaft, die Landwirtschaft, die Zuckerindustrie, aber natürlich auch für die Seite der Entwicklungsländer, der Schwellenländer und natürlich im Hinblick auf die anstehenden WTOVerhandlungen. Nicht zuletzt hat ja auch die Ausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik den Reformbedarf deutlich gemacht. Ich denke es wird kein Zweifel mehr daran bestehen, dass reformiert wird, dass geändert wird, aber wir werden uns jetzt darüber unterhalten, wie die Zuckermarktordnung der neuen Entwicklung angepasst werden soll und kann. Und zu diesem Zwecke begrüße ich an aller vorderster Stelle unsere Sachverständigen ganz herzlich. Die EU-Kommission hat ja eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt, auch daran werden wir uns orientieren, ganz aktuell auch die Entscheidungen bzw. die Verfahren vor dem WTO-Schiedsgericht und ich hoffe, dass wir innerhalb der nächsten Stunden mit Ihnen gemeinsam zu einem Klärungsprozess kommen können, der dann in unsere Arbeit des Verbraucherausschusses und der anderen Ausschüsse einfließen kann. Noch einige Infos dazu: Das Parlamentsfernsehen wird die Debatte hier aufzeichnen. Die Stellungnahmen der Sachverständigen sind alle an die Abgeordneten per Post und per E-Mail übermittelt worden. Sie liegen auch draußen noch einmal aus. Ganz herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen an Sie. Der zeitliche Rahmen: Also wir hoffen schon, dass wir bis 14.00 Uhr fertig sein können. Das wollen wir uns ungefähr als Ziel nehmen. Die Bewirtung – Sie sehen dort die Wagen – dort können Sie sich verpflegen über diese Zeit hinweg und ich denke, wir sollten jetzt beginnen mit einem kurzen Statement der Sachverständigen, 5 bis 7 Minuten, wo Sie uns Ihre Hauptaussage noch einmal vermitteln. Bedenken Sie, dass die Abgeordneten natürlich einen Teil schon gelesen haben, aber ich denke, hier für die Diskussion ist es wichtig, dass Ihre Hauptbotschaften hier ankommen und Herr Prof. Isermeyer, ich würde Sie bitten, jetzt zu beginnen.

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Prof. Folkhard Isermeyer, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, FAL:

 

Herzlichen Dank Frau Höfken. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube es besteht kein Zweifel, dass die Zuckermarktordnung in der Tat vor einer Reform steht. Ich glaube, dass es im Unterschied zu früheren Zeiten nun so ist, dass die Zuckermarktordnung von ganz allein im Laufe der Zeit kippen würde, wenn die Politik gar nichts machen würde. Nicht nur wegen der beiden angesprochenen WTO-Verfahren, sondern auch und vor allem deshalb, weil mit dem EBA-Abkommen eine riesige Saugpumpe in Gang gesetzt worden ist, die es für die ärmsten Länder der Welt attraktiv erscheinen lässt, im Laufe der Zeit immer mehr Zucker in diesen hochpreisigen europäischen Markt hinein zu bringen. Darauf wird man dann, wenn eben keine Zuckerexporte mehr möglich sind, irgendwann nur mit drastischen Quotenrücknahmen reagieren können bis hin zum Kollaps der Zuckermarktordnung. Die Politik muss also etwas tun und die EU-Kommission hat nun vorgeschlagen, in der Weise zu verfahren, dass man die Quoten relativ gering, dafür aber den Preis sehr stark zurücknimmt.

 

Das Kernargument hierfür, so wie ich es jedenfalls bisher verstanden habe, ist, dass die EUKommission die Hoffnung hat, dass dann, wenn man die Preise in die Region von 420,- Euro pro Tonne Zucker herunter nimmt, es für die Zuckerrohr anbauenden Länder nicht mehr wirtschaftlich attraktiv sein wird ihre Produktion und den Export in die EU auszuweiten. Zur Begründung dieses Kernargumentes führt die EU-Kommission eine ganze Reihe von Produktionskostenzahlen für Zuckerrohr in verschiedenen Ländern der Welt an und hier muss ich aus wissenschaftlicher Sicht einhaken und sagen, dass ich diese Quelle, die die EU-Kommission hier angibt, nicht habe. Meines Wissens hat auch keiner der Fachkollegen in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit diese Quelle. Unser Institut macht sehr viele internationale vergleichende Kostenstudien in anderen Feldern und wenn ich einmal das, was wir z. B. im Laufe der Zeit im Bereich Milch entwickelt haben, übertrage auf das, was bei Zucker hier angedeutet wird, habe ich ein großes Fragezeichen zumindest in soweit, ob diese internationalen Produktionskostenziffern wirklich nachher der Realität entsprechen. Das ist deswegen von so großer Bedeutung, weil, wenn sich die EU-Kommission bzw. Amnesty International, die diese Zahlen unseres Wissens nach produziert hat, verschätzen, die Preissenkung auf 420,- Euro pro Tonne nicht ausreicht. Dann wird dieser Importstrom von Weltmarktzucker in die EU anhalten, er wird fortgesetzt werden. Und das würde uns zwingen, unseren internen Preis noch weiter abzusenken, um zu einem Marktgleichgewicht zu kommen. Dann kommen wir in eine Region hinein, wo unsere Zuckerwirtschaft, auch unsere Rüben anbauenden Betriebe nicht mehr mit können, d. h. dann kollabiert dieses System eben doch. Deswegen ist es so wichtig, bessere Kenntnis von der Angebotselastizität der Zuckerproduktion in anderen Teilen der Welt zu haben, als es bisher zumindest im wissenschaftlichen Bereich der Fall ist.

 

Ich will ein bisschen noch weiter nach vorne schauen. Die Grundphilosophie der europäischen Agrarreform in den anderen Sektoren liegt ja darin, dass wir die Stützung der Landwirtschaft von der Marktstützung entkoppeln und damit die Landwirtschaft stärker mit Marktsignalen versorgen, damit die Landwirtschaft allmählich wettbewerbsfähiger wird, mit der fernen Zielsetzung, dann eines Tages die Landwirtschaft wirklich in einen weltweiten Wettbewerb entlassen zu können. Also die Strategie kann man umschreiben mit den Worten:

 

Fit machen für den Wettbewerb. Und bei Zucker kann man Zweifel haben, ob diese Strategie funktioniert. Bei Milch, bei Rindfleisch, bei vielen anderen Problemprodukten der deutschen Landwirtschaft habe ich da gar keinen Zweifel, da wird sie funktionieren. Bei Zucker habe ich Zweifel, weil wir bei Zucker insgesamt nur relativ wenig Agrarfläche auf diesem Globus brauchen, um die Welt mit Süße zu versorgen und weil wir diese besondere Konstellation Zuckerrohr gegen Zuckerrübe haben und Zuckerrohr in einer ganzen Reihe von Ländern sehr preisgünstig angebaut werden kann. Es gibt Studien, die zeigen, dass eine ganze Reihe von Ländern für 200,- Euro pro Tonne Zucker produzieren können und allein Brasilien, dieses Beispiel wurde ja oft zitiert, kann durch Umlenkung von Zuckerrohrströmen raus aus dem Kraftstoffbereich hinein in den Zuckerweltmarkt und durch Ausdehnung der Zuckerrohrfläche relativ leicht, die gesamte Zuckerrübenproduktion der USA und Europas ersetzen. D. h., diese Strategie:

 

Fit machen für den Weltmarkt könnte bei Zucker ins Leere laufen und damit stellt sich die Frage:

 

Wo wollen wir eigentlich langfristig hin? Diese Frage kann ich als Wissenschaftler nur zurückgeben an die Politik und fragen: Haben wir ein langfristiges zuckerpolitisches Ziel, dass also eine Eigenversorgung mit Zucker als Selbstzweck anerkannt wird oder machen wir es wie Neuseeland beispielsweise, die sagen, wir haben kein zuckerpolitisches Ziel, wir versorgen uns mit Zucker von den Fidschi-Inseln auf der Basis von Zuckerrohr.

 

Je nachdem, wie diese Frage beantwortet wird, folgen für die Zuckermarktreform m. E. ganz unterschiedliche Strategien. Denn wenn wir langfristig kein eigenständiges zuckerpolitisches Ziel verfolgen wollen, müssten wir in eine Art Abwicklungsstrategie hineingehen. Wenn wir aber ein zuckerpolitisches Ziel haben, dann müssten wir uns Bündnispartner suchen, und da sind sicherlich die ärmsten Länder der Welt und die Nordamerikaner zu nennen, um in einer multilateralen Verhandlung im Rahmen der laufenden WTO-Runde eine weltweite Mengenregulierung herbeizuführen. Ich glaube diese Frage wird uns im Laufe der Diskussion heute noch ein bisschen beschäftigen. Ich kann diese Zielfrage als Wissenschaftler nicht beantworten, ich will sie auch nicht beantworten. Nur wenn wir diese Langfriststrategie - wir wollen Zucker behalten - verfolgen, dann brauchen wir Bündnispartner und denen müssen wir etwas anbieten und für die ärmsten Länder der Welt ist es wahrscheinlich nicht besonders attraktiv, wenn die Europäische Union bei einer Quotenkürzung von 16 % stehen bleibt, dann erwarte ich, dass wir die Quote deutlich stärker zurücknehmen müssten. Es bestünde aber nicht der Zwang, jetzt schon die Preise so stark zurückzunehmen, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen. Es hängt also letztlich von der Frage des politischen Ziels ab, was die richtige Strategie sein wird.Herzlichen Dank.

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Dr. Rudolf Buntzel-Cano, Beauftragter für Welternährungsfragen in der Fachstelle Landwirtschaft/Welternährung des Evangelischen Entwicklungsdienstes, EED:

 

Seien Sie auch gegrüßt. Ich komme vom Evangelischen Entwicklungsdienst, spreche hier aber auch für ein Bündnis von 13 Nichtregierungsorganisationen. Wir haben uns mit der Zuckermarktordnung sehr stark beschäftigt, vor allem auch aus entwicklungspolitischer Sicht. Lassen Sie mich kurz eine Vorbemerkung machen, warum die Frage jetzt auch noch aus entwicklungspolitischer Sicht beleuchtet werden soll, wo wir doch nun genug Probleme mit der Verteilungswirkung, den Einkommenswirkungen und den regionalpolitischen Wirkungen haben. Die Entwicklungsländer werden von allen Seiten immer wieder herangezogen, um die eigenen Positionen einfach nur abzusichern. Wir müssen aber sehen, dass wir es hier mit einem weltgeschichtlichen Problem zu tun haben. Denn Zucker ist das Welthandelsprodukt per excellance. Mit Zucker ist der Kolonialismus entstanden, der Sklavenhandel, die Besitznahme und Besiedlung Lateinamerikas und auch der Weltagrarhandel ist mit Zucker insgesamt entstanden. Aber auch mit dem Aufkommen der Zuckerrübe unter Napoleon und dem europäischen Agrarprotektionismus, der sich immer auch schon von damals her im Kontrast zum Zuckerrohr verstanden hat, weil damals Zuckerrohr angeblich sozial unerträglich war im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Sklavenhandels, wurde die Zuckerrübe hier hochgehalten und langsam in Europa forciert. Die Grundkonstellation haben wir heute immer noch und die jetzige Debatte zeigt es ja sehr deutlich. Die Konkurrenz Rübe/Rohr, der ungerechte Handel im Zusammenhang mit Zucker und die krassen sozialen Bedingungen auf den Plantagen im Süden dieses Kontinents müssen auch heute noch herhalten für unseren Protektionismus. Also die Entwicklungsländerproblematik ist nicht irgendetwas zusätzliches, sondern ist der Kern der gesamten Problematik.

 

Zunächst einmal sehen wir das Hauptproblem darin, das wir einfach zu viel produzieren, obwohl wir eine Quotenregulierung haben, eigentlich ein ideales Instrument, um die Mengen zu steuern. Nur wurden sie nicht gesteuert, im Gegenteil, sie wurden ausgefahren. Ursprünglich hatten wir ja mal bei Zucker in der EU einen Importbedarf, für viele Jahre waren wir dann der weltgrößte Exporteur, jetzt sind wir der zweitgrößte. Wir exportieren 5 bis 6 Millionen Tonnen Zucker mit Hilfe von Quersubvensionen und Direktsubvensionen. Und das ist das Hauptproblem, was man auch daran sieht, dass die Panelklage bei der WTO von Brasilien, Thailand und Australien eben nicht unseren Marktzugang attackierte, den geschlossenen Marktzugang, sondern unsere Exportsubvension bzw. Exportmengen. Deswegen, und da schließe ich mich auch Herrn Prof. Isermeyer an, ist also das Primärproblem jetzt, was wir in Angriff nehmen müssen, die Mengen abzusenken, im Gegensatz zu dem Vorschlag der EU-Kommission, die die Preise sehr stark und die Mengen nur ein wenig senken will. Vor allen Dingen, weil wir sehr stark bezweifeln, ob die Preissenkung auch anschließend zu der entsprechenden weiteren Mengensenkung der C-Rüben führen wird, wie die EU das spekuliert. Aber wir müssen nicht nur wegen der WTO-Klage unsere Mengen herunterfahren, sondern es geht nicht an, dass wir ein Quotensystem im Inneren und eine offene Flanke haben. Das kommt automatisch zu enormen Widersprüchen und die EBA-Länder, also die LDC-Länder, die von EBA profitieren, werden mit Sicherheit ihre Produktion hochfahren und da sind viele darunter, die sehr profitabel sind. Sie sind am Anfang des Ausbaus ihrer Zuckerindustrie und können diese unter modernsten Bedingungen hochfahren. Aber auch die Zukunft von Cotonou, also dem AKP-Abkommen, gefährdet unsere Zuckermarktordnung, denn Sie wissen, dass der waiver von Cotonou bei der WTO im Jahre 2009 ausläuft. Dann soll der AKP-Vertrag überführt werden in Partnerschaftsverträge, sog. Economic Partnership Agreements, welche regionale Freihandelszonen zwischen der EU und den jeweiligen Regionen der Entwicklungsländer etablieren werden, so dass also nicht nur nach 2009 die LDCLänder freien Marktzugang bekommen, sondern im Rahmen von diesen EBA-Abkommen auch Nicht- LDC-Länder. Das ganze wird mengenmäßig unsere interne Zuckermarktordnung sprengen, wenn wir nicht was Vernünftiges einführen. Das wäre für mich zunächst einmal im Übergang auf jeden Fall ein Zollkontingentsystem zusammen mit einer drastischen Senkung unserer eigenen Produktion mit der gleichzeitigen Aufrechterhaltung der Quoten im Inneren, denn auch die Landwirte hier bei uns werden durch die Mengensenkung so stark geschädigt, dass Mengensenkung und Preissenkung gleichzeitig kaum zu verkraften ist. Der andere Vorteil einer starken Mengensenkung bei gleichzeitiger Zollkontingentierung ist, dass wir damit die Probleme des freien Marktzuganges unter EBA und EPA in den Griff bekommen und gleichzeitig mit den Zollkontingenten, die ja hervorragende Anreize sind, den ärmsten Entwicklungsländern besondere Vorteile einräumen können, um ihre Zuckerproduktion so auszubauen, dass sie sozial und ökologisch verträglich ist. D. h. nur Zollkontingente und Umweltstandards kann man mit den Sozialstandards verbinden, aber reiner Marktzugang oder Freihandel lässt sich nicht damit verbinden und wäre auch WTO-inkonform. Deswegen, und das ist die zweite große Chance mit Zollkontingenten, ist das mit den Sozialstandards zu verbinden, wobei Sozialstandards nicht nur in unserem Präferenzhandel mit diesen Entwicklungsländern zum Zuge kommen sollen, sondern wir müssen uns auch gleichzeitig für Sozialstandards im Grundsätzlichen im Zuckersektor einsetzen, wenn wir glaubwürdig sein wollen. Das würde bedeuten, dass wir z. B. beim internationalen Zuckerabkommen dort mit Verhandlungen beginnen usw..

 

Ich möchte zum Schluss noch kurz was zu AKP-Zucker sagen. Wir sind der Meinung, dass die AKPQuoten falsch verteilt sind. Es profitieren hauptsächlich reichere Entwicklungsländer davon. Die LDC´s haben so gut wie keine Quoten, sie konservieren überkommene Strukturen, die z. T. in diesen Ländern völlig überaltet und ineffizient sind und haben dort auch zu der Entstehung von Zuckerbaronen geführt. Wir sind dafür dieses AKP-Abkommen mit dem waiver auslaufen zu lassen und stattdessen überzuführen in Partnerschaftsabkommen im Rahmen von EBA, die dann neu ausgehandelt werden müssten. Man kann das Zuckerabkommen kündigen unter bestimmten Bedingungen, aber zwei Jahre im vornherein, d. h. es müsste bald gekündigt werden nach Kapitel 10 des Chapter 5 des Cotonou-Abkommens.

 

Und nun zu länderspezifischen Aktionsprogrammen:

 

Wir sind ganz dagegen, Kompensation an die Entwicklungsländer nach Flächenprämien zu zahlen. Unsere Forderung wäre, dass die Gelder, die jetzt für den Reexport von AKP-Zucker ausgegeben werden, auch in Zukunft der Entwicklung dieser Länder zur Verfügung stehen, um ihnen und den LDC´s zu helfen, einen vernünftigen Übergang ihrer eigenen Zuckerwirtschaft vorzunehmen, so dass sie sich an die neueren doch freieren Handelsbedingungen anpassen können.Dankeschön.

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Dr. Hans-Jörg Gebhardt, Wirtschaftliche Vereinigung Zucker, WVZ:

 

Vielen Dank Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren.

 

Wir bedanken uns für die Einladung, hier vor Ihnen sprechen zu dürfen. Ich möchte anknüpfen an das, was Herr Prof. Isermeyer gesagt hat. Im Grunde muss eine Zieldefinition, wohin wir wollen im Zuckerbereich allem vorangestellt werden. Um diese Zieldefinition machen zu können, muss man natürlich auch die gegenwärtige Situation kennen, von der aus dann diese Entwicklung zu neuen Zielen vonstatten gehen kann. Deshalb ist die grundsätzliche Frage zu stellen, wie viel Prozent des eigenen Zuckerbedarfs in Europa auch in eigener Produktion zukünftig gedeckt werden soll.

 

Ich möchte Ihnen nochmals kurz einige Zahlen ins Gedächtnis rufen, wie die Struktur der Zuckerwirtschaft in Deutschland und Europa aussieht. Wir haben es in Deutschland mit 48.000 Betrieben mit Zuckerrübenanbau auf 450.000 Hektar mit einer durchschnittlichen Anbaufläche von 9 ha pro Betrieb zu tun. Es sind klassische Familienbetriebe so wie sie eigentlich auch unsere Gesellschaft in Zukunft gerne haben möchte. In den 26 Zuckerfabriken sind 6.300 Menschen beschäftigt, 20.000 Beschäftigte im vor- und nachgelagerten Bereich sind rund um die Zuckerwirtschaft noch hinzuzuzählen.

 

In der neuen vergrößerten EU-25 sind 375.000 Betriebe mit Rübenanbau auf einer Fläche von 2,2 Mio. ha befasst. Die durchschnittliche Anbaufläche beträgt lediglich 5,5 ha. Wir haben 230 Zuckerfabriken im Moment unter Dampf und im gesamten Sektor sind es 300.000 Beschäftigte.

 

Betriebe mit Rübenanbau, dass wurde auch in einigen Ausarbeitungen im Vorfeld zu dieser Anhörung deutlich, insbesondere, wenn sie einen relativ hohen Anteil an Rüben in ihrem Betrieb haben, erwirtschaften aus diesem Sektor 50 % und mehr ihres Einkommens. Es handelt sich bei diesen Betrieben, wie Sie aus den Zahlen ja entnehmen konnten, um sog. bäuerliche Familienbetriebe.

 

Die Zuckererzeugung in der EU ist seit vielen Jahren konstant. D. h., die zusätzlichen Mengen, die wir auf dem Weltmarkt sehen, kommen nicht aus Europa. Die Produktion liegt bei 20 Mio. Tonnen insgesamt, das sind 13,6 % der Welterzeugung. Die Nettoexporte der EU betragen bei einem Verbrauch von rund 16 Mio. Tonnen damit ca. 4 Mio. Tonnen. Sie gehen vor allem in den Nahen und Mittleren Osten. Lassen Sie mich einen Vergleich machen:

 

Brasilien erzeugt 22 Mio. Tonnen Zucker, Brasilien verbraucht weniger als die Hälfte, nämlich nur 9 Mio. Tonnen und exportiert mit wachsenden Raten im Moment mehr als 12 Mio. Tonnen. Brasilien hat seine Exporte innerhalb von drei Jahren von 2000 bis 2002 verdoppelt, in den letzten zehn Jahren sogar versechsfacht.

 

Es wurde auch etwas zum Zuckerweltmarkt und zur Marktordnung gesagt. Der Weltmarkt ist geprägt durch strukturelle Überschüsse. Wir haben es hier mit einem Restemarkt zu tun. Er wird im Wesentlichen bestimmt durch brasilianischen Zucker, der dann auch mit der Ethanolproduktion, je nach Lage der Preise auf den Weltmärkten, hin und her geswitcht werden kann. Prof. Isermeyer hat das gesagt. Der Anteil der EU an den weltweiten Exporten liegt bei rund 10 %. Der Anteil der EU an den weltweiten Importen liegt bei rund 5 %. Der EU-Anteil an der Welterzeugung beträgt knapp 14 %.

 

Was bedingt unsere Marktordnung oder warum haben wir sie und warum brauchen wir sie? Die europäischen Produktionskosten werden insbesondere sehr stark bestimmt durch unsere hohen europäischen Umwelt- und Sozialstandards. Eine nachhaltige Produktion von Rüben und Zucker, sie müsste noch ausgefüllt werden, man kann das in der Diskussion ja ausführen, ist in der EU zu Weltmarktpreisen damit nicht möglich. Die Marktordnung sichert nachhaltige Produktionen in Europa.

 

Die Marktordnung hat ferner wichtige entwicklungspolitische Funktionen, Herr Buntzel-Cano hat zumindest in einigen Bereichen darauf schon Bezug genommen.

 

Die Reformnotwendigkeiten wurden von Herrn Prof. Isermeyer sehr deutlich analysiert. Es sind insbesondere die externen Faktoren, WTO-Panel, EBA und LDC-Initiative, die eine Reform unausweichlich scheinen lassen. Der Abbau bzw. die langfristig auslaufenden Exporte werden von uns als notgedrungen akzeptierbar gesehen. Auch eine Reduzierung des Außenschutzes wird notgedrungen zu Preissenkungen führen. Was wir brauchen, ist den Status des sensiblen Erzeugnisses für Zucker und trotzdem werden Preissenkungen nicht ausbleiben können. Neue Verpflichtungen werden dann voraussichtlich frühestens 2007 wirksam und deshalb sind wir der Meinung, dass der Kommissionsvorschlag und dessen Umsetzung vor allen Dingen das Vorhaben, das bereits nächstes Jahr zu tun, wesentlich verfrüht kommen, weil wir die Ergebnisse der externen Faktoren nicht in Gänze kennen. Bei negativem Ausgang des Panels, über das wir schon gesprochen haben, werden rund 4,5 Mio. Tonnen Zuckererzeugung der EU gefährdet werden, weil auch die 1,6 Mio. Tonnen Präferenzzucker im Focus dieses Panels stehen. Das ist schlechtweg ein Viertel der aktuellen europäischen Produktion.

 

Zur EBA-Initiative:

 

Auch hier wissen wir, dass die wachsende Zahl der Entwicklungsländer sieht, dass sie auf Grund der Produktionskosten in ihren Ländern nicht in der Lage sein werden, ihre Zuckerwirtschaft weiter zu entwickeln. Deshalb unterstützen wir das Ansinnen, die LDC-Länder wie die AKP´s in eine Mengenregelung einzubinden. Wir gehen davon aus, dass dies eine sehr wichtige Position auch in der Veränderung des Kommissionsvorschlags sein wird.

 

Wenn man die drei externen Faktoren zusammenfasst, WTO, Panel und EBA, dann können diese zu Produktionseinschränkungen in der EU von bis zu 8 Mio. Tonnen und damit 40 % der aktuellen Produktion führen. Die wesentlichen Inhalte der Reformvorschläge kennen Sie. Sie würden nach unserer Einschätzung negativ auf die EU-Produzenten wirken, selbstverständlich aber auch auf die AKP- und die LDC-Länder. Sie würden negative Aspekte für die Umwelt und insbesondere auch für den EU-Haushalt mit sich bringen. Die drohenden Mengen- und Preiswirkungen gefährden zahlreiche Existenzen und Arbeitsplätze und die starken Preissenkungen, auch das hat der Herr Prof. Isermeyer gesagt, tragen nicht dazu bei, ein Gleichgewicht auf dem europäischen Markt herbeizuführen, denn dieses Gleichgewicht wird sich erst bei einem wesentlich niedrigeren Preis als bei 421,- Euro die Tonne Zucker einpendeln und dann wäre die EU-Produktion total am Ende.

 

Zum Thema WTO, Einstufung von Zucker als sensibles Erzeugnis und Akzeptanz der daraus resultierenden Preissenkung. Akzeptanz einer Rückführung der gestützten Exporte. Beim Panel:

 

Bei negativem Ausgang Neuverhandlung der gestützten Exportmenge im Rahmen der Doha-Runde. EBA: Einbindung des Mengenmanagements der ZMO, Verbot des SWAP, d. h. von Tauschgeschäften und eine strenge Ursprungsdefinition. Bei der Reform der Marktordnung Preissenkung nur entsprechend den externen Notwendigkeiten, eine Reduzierung der Quoten im unvermeidbaren Umfang, nach Möglichkeit zunächst freiwillig mit entsprechenden Anreizen unterlegt und schließlich eine EUeinheitliche Gestaltung der Ausgleichszahlung zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen.Vielen Dank.

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Penny Fowler, OXFAM International:

 

Es tut mir leid, dass ich hier auf Englisch sprechen muss, aber vielen Dank, dass Sie es mir nachsehen, dass Sie sich an die OXFAM halten, als eine internationale Entwicklungsorganisation. Es ist natürlich nicht überraschend, das unser Hauptaugenmerk als OXFAM, wenn es um die momentane Diskussion der EU-Reform der Zuckerordnung geht, auf den armen Ländern der Welt liegt. Das ist natürlich unser Hauptanliegen und im Moment besorgt uns bei der gesamten Diskussion dieses Themas sehr, dass im Zusammenhang mit dem zukünftigen Kurs der Europäischen Union nach unserer Ansicht nicht genügend berücksichtigt wurde, welche Rolle die armen Länder hier spielen. Das ist natürlich verständlich auf Grund der verschiedenen Besitzstände und der verschiedenen nationalen Lagen, die hier berücksichtigt werden müssen, aber ich würde es trotzdem sehr begrüßen, wenn die entwicklungspolitische Dimension ebenfalls berücksichtigt würde.

 

Zuerst einmal aus ethisch-moralischer Sicht, denn wenn die Entwicklungspolitik von der Zuckerordnungsreform profitieren könnte, könnte das in großer Weise dazu beitragen, dass hier auch wirklich in den Entwicklungsländern Fortschritt erzielt wird. Tausende von Leuten haben ja in diesen Ländern keinen Zugang zu Wasser und deswegen ist es doch durchaus notwendig, dass auch ihre Bedenken berücksichtigt werden. Natürlich gibt es auch ein berechtigtes Eigeninteresse an dieser Diskussion. Wir alle erkennen an, dass es auch Vorteile gibt, wenn wir hier entwicklungspolitische Durchbrüche bei den WTO-Verhandlungen erreichen würden und auch die Zuckerreform könnte hier einen wichtigen Beitrag leisten, um ein Umfeld zu schaffen, in dem die WTO ihre Verhandlungen früher und erfolgreicher abschließen kann.

 

Jetzt möchte ich aus OXFAM-Sicht auf die drei Hauptpunkte zu sprechen kommen. Zuerst einmal sind uns die Exportwirkungen der europäischen Zuckermarktpolitik sehr wichtig. Exportdumping, d. h. Preise unter den Produktionskosten, die unserer Meinung nach den Wettbewerb verzerren für andere wettbewerbsfähige Zuckerproduzenten auf der weltweiten Ebene muss im Rahmen des Panels der WTO, der bereits angesprochen wurde, angegangen werden. Es gibt Außendruck, das ist einer unserer Punkte.

 

Der zweite Punkt ist der Marktzugang für die am wenigsten entwickelten Länder der Welt, die LDC´s.

 

In einigen dieser Länder ist Zucker sehr wichtig, wenn es darum geht, den Leuten eine Gelegenheit zu geben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, denn sie haben nicht viele andere Einkommensquellen.

 

Das ist natürlich sehr wichtig. Wir haben vor kurzem eine Forschung in Mocambique und Sambia durchgeführt und haben geschätzt, dass hier allein in Mocambique und Sambia im Zusammenhang mit der Entwicklungspolitik 30.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten, wenn die Zuckerreform der EU erfolgreich sein würde. Für diese Länder machen diese 30.000 Arbeitsplätze wirklich einen riesigen Unterschied. Diese Länder wollen einen längeren Übergangszeitraum haben, so dass sie investieren, ihre Produktivität ausbauen, ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und auch dafür sorgen können, einen sozialen und sozialnachhaltigen Zuckersektor zu entwickeln. Wir unterstützen diese Länder hier bei ihrem Anliegen, dass sie hier mehr Übergangszeitraum brauchen, um mehr Investitionen in den Zuckermarktsektor anzuziehen.

 

Unser dritter Punkt betrifft die AKP-Staaten und die LDC´s. Einige dieser Staaten können auch weiterhin Zucker in einem wettbewerbsintensiveren Umfeld produzieren, aber einige von ihnen werden auf der Strecke bleiben, weil ihre Kosten zu hoch sind. Und wir müssen großes Augenmerk darauf richten, dass wir hier gemeinsam mit ihnen Maßnahmen entwickeln, die Auswirkungen der EUZuckermarktreform anzugehen. Diese Maßnahmen müssen greifen, bevor die Reformen eingeführt werden, damit diese Staaten auch wirklich die Möglichkeit haben, entweder zu investieren und die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Branchen zu steigern oder aber Alternativen zu finden, um zu diversifizieren, z. B. die Produktion zu verlegen, weg vom Zucker hin zu Gebieten, wo sie auch eine nachhaltige Zukunft erwarten.

 

Nachdem ich dies voraus geschickt habe, möchte ich noch einmal kurz zusammenfassen:

 

Wir sind davon überzeugt, dass diese drei Hauptpunkte aus entwicklungspolitischer Sicht von wichtiger Bedeutung sind. Sie erhalten jedoch nicht genug Stellenwert. Man braucht einen AKP-Aktionsplan. Es gibt verschiedene Maßnahmen, aber wenn man mit den AKP-Staaten alleine redet, ist das nicht genug. Man muss einen Dialog entwickeln, um hier auf einzelstaatlicher Ebene einzelne Maßnahmenkataloge zu entwickeln, die die Bedürfnisse vor Ort angehen. Die LDCs sind auch sehr wichtig. Die Preise sind nicht ausreichend berücksichtigt worden in diesen am wenigsten entwickelten Staaten und deswegen kann es vielleicht auch zu Gefahren für einen nachhaltigen Zuckersektor kommen. Die Reformvorschläge der Europäischen Union im Zusammenhang mit Preissenkungen und den begrenzten Senkungen bei den Quoten werden das Exportdumping nicht beenden, was für uns ja ein großer Bedenkenpunkt ist. Das waren die drei Hauptaspekte, die ich ansprechen wollte in diesem Rahmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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Markus Dietrich, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, NGG:

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, vielen Dank für die Einladung zur Anhörung und für die Gelegenheit, den umfangreichen Fragenkatalog beantworten zu können. Ich möchte jetzt die Stellungnahme nicht mehr detailliert wiedergeben. Es wird deshalb das eine oder andere Argument plakativ sein, ich bitte dafür um Verständnis.

 

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten lehnt die von der Kommission unterbreiteten Vorschläge in der Form ab. Sie lassen gewisse Details und Faktoren unberücksichtigt. Ein Teil wurde schon erwähnt, ich will es nur kurz wiederholen. Es ist unberücksichtigt der Preis- und Mengendruck durch zusätzliche Einfuhrströme und sinkende Ausfuhrmöglichkeiten, Stichwort WTO-Panel und WTOVerpflichtungen bzw. die eingegangenen Verpflichtungen im Rahmen der Entwicklungshilfe für AKP-Länder. Unberücksichtigt ist unserer Meinung nach auch die Tatsache, dass im Zuckersektor weltweit nicht die Marktkräfte wirken, nicht der Preis über Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern öffentliche Interventionen den Zuckerpreis beeinflussen. Wir halten deshalb einen Vorgriff vor WTOMaßnahmen für überzogen, das wäre falsch. Unberücksichtigt bleiben die sozialen und ökologischen Mindeststandards, die in einer Reihe von Entwicklungsländern nicht beachtet werden. Es sind ja nicht nur das Überangebot oder die klimatischen und die Bodenverhältnisse, die den Preis bilden, sondern eben auch soziale und ökologische Mindeststandards, die in Europa berücksichtigt werden und deshalb zu einem höheren Preis führen. Dies wurde bereits erwähnt. Wir teilen auch nicht die Philosophie, dass ein Freihandel grundsätzlich ökonomische Rückständigkeit beseitigen wird. Er lässt einfach die spezifische Situation in den Entwicklungsländern unberücksichtigt. Diese Philosophie missachtet auch die ungleichen Austauschverhältnisse, die terms of trade. Wir halten eine Kopplung oder die Forderung, dass man die Zuckermarktordnung ändert, auf Grund dieser Philosophie „Freihandel fördert Entwicklung“ für falsch. Es wurde bereits zu Recht erwähnt, dass die Vorschläge zur Folge hätten, dass auch die jetzigen Entwicklungsländer, die im Sinne einer Entwicklungshilfe durch den begünstigten Handel gefördert werden, eine Reihe davon auf Grund der Produktionskosten, ihren Handel mit Europa einstellen müssten. Die Entwicklungshilfe würde somit konterkariert. Wir sehen, dass die bisherige Regelung, insbesondere die gestützten Preise, den zuckerverarbeitenden Betrieben gleiche Wettbewerbsbedingungen und gleiche Ausgangsbedingungen gewährleisten.

 

Würden die EU-Vorschläge umgesetzt, würde der Spielraum für Preisverhandlungen steigen und die Gefahr besteht, dass große abnehmende zuckerverarbeitende Betriebe sich auf Grund von Mengenrabatten gewisse Preisnachlässe aushandeln können und das kleine und mittlere zuckerverarbeitende Betriebe dann auf der Strecke bleiben, also mit anderen Worten, eine gewisse Wettbewerbsverzerrung entstehen wird, die dann natürlich auch in der zweiten Runde Arbeitsplätze im Bereich der zuckerverarbeitenden Sektoren gefährden wird.

 

Darüber hinaus würden die Vorschläge natürlich zu Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft führen. Wir haben es schriftlich dargestellt, dass die Chancen für die Landwirtschaft auf ein zweites Standbein, auf weitere Agrarkulturen umzusteigen schwierig sind und wir haben darauf hingewiesen, dass es zu Arbeitsplatzverlusten kommen wird. Wir bitten zu beachten, dass sowohl direkt als auch indirekt Arbeitsplätze betroffen sind. Die Gefahr besteht, dass ländliche strukturschwache Räume wirtschaftlich veröden und man wird dann im Grunde genommen dreißig Jahre regionaler Wirtschaftspolitik konterkarieren. Die erhoffte Haushaltsentlastung der Gebietskörperschaften wird nicht eintreten. Ich sagte schon, dass es bei einer Umsetzung zu Arbeitslosigkeit, zu Einkommenseinbußen kommen wird. D. h. mit andern Worten, dass die erhofften Einsparungen durch die Maßnahmen nach unseren Berechnungen bei weitem durch zusätzliche Ausgaben in Form von Ausgleichszahlungen und Ersatzleistungen überkompensiert werden, aber eben auch Mindereinnahmen der Sozialversicherungskassen auftreten werden. Kurzum, wir glauben, dass die bisherige Regelung dazu geführt hat, dass wir damit leben können. Wir halten es auch nicht für legitim, dass man die Stellschrauben so ansetzt, dass man den Eigenverbrauch senkt. Uns ist kein Wirtschaftszweig in der Bundesrepublik, auch nicht im Agrarsektor, bekannt, dem zugemutet wird, unter dem Eigenverbrauch zu produzieren.Vielen Dank.

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Dietrich Oetzel, InfoZentrumZuckerverwender, IZZ:

 

Vielen Dank Frau Vorsitzende. Vielen Dank meine Damen und Herren, dass wir heute die Gelegenheit haben, ebenfalls hier zu Ihnen zu sprechen. Bisher haben wir sehr viel gehört, was gegen eine Reform spricht. Natürlich möchten wir kurz darstellen, was an Argumenten für eine Zuckermarktreform spricht. Ich spreche hier im Auftrag des IZZ und wir sind ein Zusammenschluss der Hersteller alkoholfreier Getränke, der Süßwarenindustrie, der Obst, Gemüse und Kartoffel verarbeitenden Industrien sowie der Großbäckereien hier in Deutschland. Die zuckerverarbeitende Wirtschaft in Deutschland bietet rund 400.000 Menschen Beschäftigung. Das gegenüber den Zahlen, die wir zum Teil schon gehört haben, 2.000 Beschäftige im zuckerherstellenden Bereich plus natürlich unsere Landwirte, die in diesem Bereich tätig sind. Demgegenüber haben wir ein vielfaches davon in der zuckerverarbeitenden Industrie, nämlich 400.000 Menschen. Im Jahr 2003 sind aus diesen Industriebereichen rund 40 Milliarden Euro erwirtschaftet worden, dass sind etwa 2 % des deutschen Bruttosozialproduktes. Wir hören so häufig, dass ja diese Befürworter der Zuckermarktreform das eigentlich nur tun, um Coca Cola zu unterstützen. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass wir es mit einer großen Anzahl von kleinen und mittleren Unternehmen zu tun haben und das diese Unternehmen, wie die gesamte Branche rund 80 % des in Deutschland konsumierten Zuckers verarbeitet und das in der deutschen zuckerverarbeitenden Industrie rund 62 mal mehr Menschen arbeiten als in der Zuckerindustrie. Zucker ist natürlich für uns und unsere Unternehmen einer der wichtigsten Rohstoffe und aus diesem Grund brauchen wir nach wie vor leistungsfähige Lieferanten für diesen Rohstoff.

 

Allerdings stehen wir als Verarbeitungsindustrien mit unseren Produkten im globalen Wettbewerb.

 

Beim Rohstoff Zucker hingegen sind wir seit Jahrzehnten mit einer planwirtschaftlichen Marktordnung konfrontiert, und wir sehen einen eklatanten Mangel an Wettbewerb.

 

Wir sehen nunmehr seit 37 Jahren die verfehlte Zuckerpolitik der Europäischen Union als Ursache für die Bildung regionaler Monopole, das habe ich eben schon erwähnt, einen drastisch überhöhten Zuckerpreis, der - und das sind nicht unsere Berechnungen – die europäischen Verbraucher nach Angaben des Europäischen Rechnungshofes rund 6,5 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Natürlich um fair zu bleiben in der Argumentation, ist das ein Vergleich zu Weltmarktpreisen, aber dennoch – Sie alle wissen, der Weltmarktpreis liegt zur Zeit um die 200,- Euro oder 200,- US Dollar pro Tonne. Selbst wenn wir das auf den jetzt angestrebten Preis von 421,- Euro reduzieren, bleiben noch einige Milliarden an Kosten über.

 

Wir wissen auch, dass diese Zuckerpolitik eine Behinderung und Verzerrung des Welthandels gebracht hat, nicht ohne Grund haben wir zurzeit das WTO-Panel, und last not least, dass jahrzehntelang eigentlich ein Innovationsstillstand und eine mangelnde Weiterentwicklung im Bereich der natürlichen Süßungsmittel stattgefunden hat.

 

Die jetzige Zuckermarktordnung stellt natürlich unsere Unternehmen vor erhebliche Probleme.

 

Überhöhte Rohstoffkosten von Zucker sind vor allem für exportorientierte Unternehmen ein gravierender Standortnachteil. Unsere Produkte stehen national in Konkurrenz zu Erzeugnissen mit

 

geringem Zuckeranteil und international im Wettbewerb zu allen exportfähigen Lebensmitteln und vor allem zu Erzeugnissen von Unternehmen, die Zucker preiswert auf dem Weltmarkt einkaufen können.

 

In den letzten 37 Jahren haben sich nicht nur die Anforderungen an unsere Unternehmen, sondern auch an die Agrarwirtschaft geändert, nur allein die Zuckermarktordnung ist noch unreformiert und stellt mehr denn je einen Fremdkörper in einem modernen Wirtschaftsgefüge und in einer ansonsten reformierten Europäischen Agrarpolitik dar. Das ist also der einzige Sektor, den es noch zu reformieren gilt. Und dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zuckermarktordnung als einzige Marktordnung nicht nur die landwirtschaftliche Produktion, sondern auch die nachgelagerte Zuckerindustrie in ihren Schutz einbezieht. Das ist einmalig. Diese Probleme hat natürlich auch die EU-Kommission erkannt und das IZZ begrüßt deshalb die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge. Das Eckpunktpapier betrachten wir als einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sollten danach zügig weitere Reformen folgen, um Wettbewerb im Zuckersektor einzuführen, internationale Verpflichtungen zu erfüllen und auch die teure Überproduktion entsprechend einzudämmen. Diese Ziele werden mit dem Eckpunktpapier der Kommission nämlich nur teilweise erreicht.

 

Insbesondere ist die geplante Aufrechterhaltung des Quotensystems problematisch, weil es bei den starren Marktstrukturen und einer deutlichen Überproduktion bleiben wird. Um die Zuckerproduktion auch langfristig an den am besten geeigneten Standorten der EU wettbewerbsfähig zu erhalten, muss das rigide Quotensystem mittelfristig auslaufen. Und Deutschland hat sicherlich neben Frankreich die besten Chancen, Quoten entsprechend auf sich zu ziehen und dort wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Eine Reform der EU-Zuckermarktordnung ist vor allem im Hinblick auf WTO-Verpflichtungen unerlässlich geworden, denn die WTO fordert eine Abkehr von Agrarprotektionismus durch Zollsenkungen und besseren Marktzugang für Erzeugnisse aus Entwicklungsländern. Der Reformdruck erhöht sich noch durch ein von Brasilien, Thailand, Australien usw. angestrengtes WTO-Panel – wir werden da sicherlich noch ausführlicher darüber sprechen und auch von dort gibt es entsprechenden Druck.

 

Zeitlich haben wir sicherlich alle ein Problem. Die Zuckermarktordnung, wie wir alle wissen, läuft in 2006 aus. Wir alle wollen, und ich glaube zumindest in dem Punkt sind alle Vertreter der verschiedenen Parteien und Interessensparteien einig, mehr Planungssicherheit, d. h. wir müssen zügig zu entsprechenden Entscheidungen kommen, damit alle Beteiligten wissen, woran wir sind. Wir sind der Meinung, dass Deutschland bei einer entsprechenden Umsetzung der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zu den Profiteuren zählen würde. Denn ich sagte es eben schon, dass neben Frankreich Deutschland über die besten Böden für den Rübenanbau verfügt und die deutsche Zuckerindustrie hoch profitabel arbeitet. Durch die geplante grenzüberschreitende Handelbarkeit der Quote könnten Produktionsrechte aus anderen Staaten hinzugekauft werden. Dies ist vor allem für die deutsche Zuckerwirtschaft interessant, da hier der C-Zucker-Anteil sehr hoch ist. Durch die geplanten Ausgleichszahlungen in Höhe von etwa 60 % der Erlösminderungen ergibt sich die Möglichkeit zum Anbau alternativer Kulturen und mit der Zahlung der bereits ab 2005 für die Rübenflächenvorgesehenen Flächenprämien würden die Reformmaßnahmen für die Rübenbauern weitgehend einkommensneutral bleiben.

 

Ich darf zusammenfassen:
Wir sind der Meinung, dass es für die Zuckermarktreformvorschläge eigentlich nur Gewinner geben sollte, dass die Rübenanbauer und die Zuckerindustrie durch den Quotenhandel zumindest die Produktion auf dem heutigen Niveau halten könnte, dass die zuckerverarbeitende Industrie wettbewerbsfähig bliebe und die Arbeitsplätze in Deutschland gesichert bleiben, dass die Europäische Union ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen kann und last not least, dass auch der Verbraucher letztendlich entsprechend entlastet wird und da spreche ich also nicht nur von dem sog. Haushaltszucker, sondern auch in Form der verarbeiteten Produkte. Es ist also Zeit, die Reform anzugehen. Vielen Dank für das erste Zuhören und das erste Statement.

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Christian Bär, Deutscher Bauernverband, DBV:

 

Zunächst vielen Dank Frau Vorsitzende. Meine sehr geehrten Damen und Herren. Auch ich danke für die Möglichkeit, heute hier im Rahmen dieser Anhörung die Position des Deutschen Bauernverbandes einmal vortragen zu können. Die anstehenden Reformen zur Zuckermarktordnung sind ein außergewöhnlich komplexes Thema. Ich denke, dass hat der Ausschuss auch mit seinen zu dieser Anhörung gestellten Fragen deutlich gemacht. Wir haben darauf geantwortet und ich möchte in den einzelnen Punkten dies nicht aufgreifen, sondern lassen Sie mich einige wesentliche Problempunkte hier noch einmal ansprechen, um die Gleichheit auch dessen herbeizuführen, was heute Morgen hier vorgetragen worden ist.

 

Wir wissen, die Reform der Marktordnung ist notwendig. Internationale Verpflichtungen machen eine Anpassung der europäischen Zuckerpolitik an veränderte handelspolitische Rahmenbedingungen erforderlich. Mit ihren Vorschlägen vom 14. Juli 2004 für die Reform dieser Zuckermarktordnung geht die EU-Kommission allerdings nach unserer Auffassung weit über die tatsächlichen Reformnotwendigkeiten hinaus. Wir sind bereit, konstruktiv an den notwendigen Reformmaßnahmen mitzuarbeiten, erwarten dazu jedoch auch realistischere Vorschläge.

 

Zum einen zum Beginn und zur Dauer dieser Reformperiode. Nach unserer Auffassung kann eine Reform frühestens ab dem Zuckerwirtschaftsjahr 2006/2007 in Betracht kommen. Weiterhin wichtig ist, dass sich die Laufzeit der nächsten Zuckermarktordnung wegen der notwendigen Investitions- und Planungssicherheit an den neuen WTO-Verpflichtungen orientieren muss. Insbesondere für die bäuerlichen Betriebe muss dies mindestens bis 2012 festgeschrieben werden.

 

Es ist sehr viel heute Morgen schon über Preissenkungen gesprochen worden. Wir meinen, die Reduzierung des gemeinschaftlichen Preisniveaus kann nur in dem Umfang und zu dem Zeitpunkt erfolgen, indem dies insbesondere durch neue WTO-Verpflichtungen erforderlich wird. Es ist heute Morgen auch schon darauf hingewiesen worden, dass die Fortsetzung der Preispolitik auch den europäischen Rübenanbauern die Chance geben muss, zu ihren Produktionskosten im Sinne auch der sozialen und ökologischen Standards zu produzieren. Wir sehen dies in Solidarität auch zu den Berufskollegen, die z. B. in den AKP-Ländern Zucker produzieren und damit auch auf unser Preisniveau spekulieren.

 

Zur Vermeidung unnötiger Härten dürfen Preissenkungen nicht im Vorgriff vorgenommen werden, sondern müssen parallel zu den WTO-Verhandlungen laufen. Die vorgeschlagene 2. Stufe der Preissenkung ist für uns indiskutabel. Es wurde heute Morgen schon zur Frage der Zuckerquoten gesprochen. Die hier beabsichtigte Fortsetzung der Mengenregulierung durch Produktionsquoten wird auch von uns grundsätzlich positiv beurteilt. Die Quotensenkung darf aber nicht die 1,3 Mio. Tonnen überschreiten. Zusammen mit den durch das Panel in Frage stehenden Erzeugungsmöglichkeiten von C-Zucker hat bereits eine derartige Quotenreduzierung eine Verkürzung der europäischen Zuckerproduktion um rund 21 % zur Folge mit den daraus resultierenden Folgewirkungen auch für den Anbau und die Zuckerwirtschaft. Ich mache kein Hehl daraus, dass deutsche Rübenanbauer darauf angewiesen sind, eine leistungsfähige Zuckerindustrie hinter sich zu haben. Das ist ein Paket, was letztendlich zur Chancengleichheit führen wird.

 

Völlig unverständlich ist die Anhebung der Isoglucosequote um 300.000 Tonnen. Quotenkürzungen müssen nach unserer Auffassung auch hier für Isoglucose gelten. Zu dem Bereich der Ausgleichsmaßnahmen denke ich, dass es notwendig ist, die tatsächlichen Erlöseinbußen der Rübenanbauer aus Preis- und Mengenreduzierungen gerecht zu verteilen und letztendlich, das der Preisausgleich auch bei den Rübenanbauern auch dauerhaft ankommt. Diese Ausgleichsregelung muss betriebsindividuell bis mindestens 2013 vorgesehen werden.

 

So viel meine Damen und Herren zunächst als Eingangsstatement zu unserem Anliegen. Lassen Sie mich schließen mit dem Wunsch, dass ich möglichst viele, insbesondere der Damen und Herren Abgeordnete, bei dem am 10. November in Berlin stattfindenden Forum Existenzfrage Zucker begrüßen darf.
Herzlichen Dank.

 

Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Das ist ja nun gerade während unserer Ausschusssitzung. Das liegt ja nicht am mangelnden Interesse. Vielen Dank.

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Henning Koch, Firma August Töpfer:

 

Frau Vorsitzende, mit Ihrer Erlaubnis würde ich jetzt gerne unser Statement abgeben. Mein Name ist Hennig Koch. Ich arbeite seit 30 Jahren bei August Töpfer.

 

Wir sind hier in diesen Kreis glaube ich eingeladen worden, um eine Sicht der Dinge aus der Perspektive des Handels zu geben. So ist es auch bei den Vorgesprächen, die ich geführt habe, deutlich geworden. Erlauben Sie mir deshalb eine kleine Standortbestimmung und dann würde ich gerne eine Bemerkung machen zu einem Komplex, der hier immer wieder angesprochen wird, aber meiner Meinung nach falsch verstanden wird. Ich meine damit den Begriff des Weltmarktes. Es wird damit immer wieder umgegangen und wir haben ganz bestimmte – wie soll ich sagen – Kenntnisse des Weltmarktes, die meiner Meinung nach erläutert werden müssen. Und zuletzt möchte ich nur eine kleine Bemerkung machen zu einem Detail des Fragebogens, wo vom Exportdumping gesprochen wird. Ich fange also an mit einer Standortbestimmung.

 

Wir sind Teil der im Zuckerhandel tätigen Firmen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben wir bedeutende und umfangreiche Netzwerke in logistischer, infrastruktureller und natürlich auch in personeller Hinsicht geschaffen, um die EU-Zuckerüberschüsse in eine Vielzahl von weltweiten Märkten zu exportieren. Insbesondere in Weißzuckerimportländern, mit hoch entwickelter Verarbeitungsindustrie und anspruchsvoller Kundschaft spielt Zucker aus der EU eine beherrschende Rolle. Ein Wegfall der Exporte, wie sie von der Reform der ZMO angestrebt wird, würde dem europäischen Handel seine bisherige unmittelbare Aufgabe entziehen, Verluste von Arbeitsplätzen wären unumgänglich, aber auch bedeutende Investitionen, wie z. B. die weitgehend vom Handel finanzierten und betriebenen Hafenterminals, in denen loser Zucker abgesackt und in Schiffe und Container verladen wird, würden überflüssig.

 

Auch Importe von auf EU-Zucker spezialisierte Länder, exemplarisch wären hier Israel und die Schweiz zu nennen, würden ihre gewohnte logistisch und qualitativ in Jahrzehnten eingespielte Lieferbasis verlieren. Natürlich wird sich der Handel bemühen, im Rahmen der angedachten Importe von Zucker in die EU Aufgaben zu übernehmen. In welchem Maße dies gelingen wird, kann allerdings erst dann beurteilt werden, wenn sich die Einzelheiten der neuen Regelung und die jeweilige Reaktion der Beteiligten heraus zu kristallisieren beginnen. So viel nur zu unserer Rolle. Dann zum Weltmarkt, der hier immer wieder angesprochen wurde. Einige Bemerkungen müssen richtig gestellt werden.

 

Schon die Bezeichnung Weltmarkt ist unserer Meinung nach sehr irreführend. Nach den gegenwärtigen Schätzungen werden bald weltweit aktuell zwischen 145 und 148 Mio. Tonnen, das ist ein Rohwert, produziert und, so sieht es jedenfalls aus, in letzter Zeit auch konsumiert. Diese Menge wird auch zu Weltmarktpreisen konsumiert werden. Zu freien ohne jegliche Regulierung allein von Angebot und Nachfrage bestimmten Konditionen wird dagegen nur ein vergleichsweise geringer Teil der globalen Menge gehandelt, nämlich rund 45 Mio. Tonnen, also etwa 30 %. Man kann das im Übrigen auch anders rechnen und kommt dann auf einen Weltmarktanteil von nur 35 Mio. Tonnen.

 

Der Weltmarkt ist also eine Art Restemarkt, auf dem Produzenten ihre Überschüsse abladen und Importländer ihren Bedarf, der nicht durch Eigenproduktion gedeckt wird, besorgen. Dies hat aber zur Folge, dass selbst im weltweiten Maßstab geringfügige Produktions- oder Verbrauchsschwankungen, wie sie z. B. auf Grund klimatischer Einflüsse bei der Produktion oder konjunktureller Einflüsse beim Verbrauch einfach immer wieder vorkommen, sich in diesem Restemarkt überproportional manifestieren und auf die sich hier heraus bildenden Preise auswirken. Zum Beispiel würde ein weltweiter Überschuss von Produktion über Verbrauch von sagen wir mal 2 %, also etwa 3 Mio. Tonnen, auf dem Weltmarkt zu einem Überschuss von Angebot über Nachfrage von fast 7 % führen.

 

Entsprechendes gilt auch für ein Defizit. Dies hat in den vergangenen Jahren immer wieder zu extremen, teilweise geradezu absurden Preisausschlägen nach oben oder nach unten geführt. Wie z. B. in den frühen 60er Jahren, als es zu Notierungen für Rohzucker von knapp 1 US Cent pro Pound, das sind 45,36 kg, 1974 von 64 Cents, und dann 1981 noch mal bis zu 44 Cents pro Pound kam.

 

Beides liegt über dem damaligen EU-Niveau. Es versteht sich beinahe von selbst, dass ein solcher Markt ein gefundenes Fressen für internationale Spekulationen ist, so dass fundamental begründete Preisausschläge immer wieder grotesk verzerrt werden.

 

In den letzten Jahrzehnten, das ist unbestreitbar, sind auf diesem so definierten Weltmarkt die Preise aber meist niedrig gewesen, deutlich niedriger als die EU-Preise, auch niedriger als das Inlandspreisniveau der meisten anderen Anbieter. Nun verkauft niemand, auch die EU selbstverständlich nicht, seine Exporte absichtlich mit Verlust. Die weltweite Produktion hat aber in den vergangenen Jahren den weltweiten Konsum mit einiger Regelmäßigkeit teilweise erheblich überschritten. Die Überschüsse der einzelnen Produzenten wurden, wenn sie nicht mühsam gelagert wurden, auf dem Weltmarkt abgeladen und konkurrierten dort gegeneinander um die Absatzmärkte.

 

Abgesehen von regionalen oder logistischen Besonderheiten vollzieht sich der Wettbewerb auf diesem Rohstoffsektor fast ausschließlich über den Preis. Qualitative Aspekte spielen eine untergeordnete Rolle und rechtfertigen höchstens marginale Auf- oder Abschläge. Mit anderen Worten, für die niedrigen Preise auf dem Weltmarkt ist nicht der eine oder andere Anbieter verantwortlich, sondern nur das Überangebot. Die EU-Exportmengen sind Teil dieses Überangebotes.

 

Man kann aber leicht ausrechnen, dass sie nur rund 10 % davon ausmachen. Entscheidend ist darüber hinaus, dass die absoluten Exportmengen seit den frühen 80er Jahren abgesehen von saisonalen Schwankungen weitgehend konstant geblieben sind, während sie sich in Brasilien im gleichen Zeitraum etwa verzehnfacht haben. Es ist somit völlig unverständlich, warum nur die EU aufgefordert wird, sich aus diesem Markt zurückzuziehen. Wenn nicht andere ihre Exportmengen kontinuierlich und auch aggressiv ausgeweitet hätten, hätte längst ein sehr viel ausgeglicheneres Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage hergestellt werden können. Vielleicht sogar ein solches, das die EU in die Lage versetzen würde, ihre Exporte ohne Subventionen durchzuführen. Aus dieser Perspektive sieht es so aus, dass nicht der EU-Preis zu hoch ist, sondern der Weltmarktpreis zu niedrig.

 

Und dann zu der Frage des Exportdumpings, dass mir so als Fußnote in einer der Fragen auftauchte, aber hier in der Diskussion auch schon eine Rolle gespielt hat. Wir vom Handel sind nicht der Auffassung, die EU betreibe ein Exportdumping. Die Exportsubventionen sind notwendig, um EU-Zucker mit vergleichbarem Weißzucker anderer Exporteure konkurrenzfähig zu machen. Die Subventionen folgen dem Markt, sie bestimmen ihn nicht. Sie sind erforderlich, weil der Weltmarkt infolge andauernder weltweiter Überproduktion gedrückt ist, unter dem Druck des EU-Marktes und auch dem der einheimischen Märkte der meisten Zuckerproduzenten und -exporteure auf der Welt.

 

Subventionen sind eine notwendige Folge der gedrückten Weltmarktpreise, nicht ihre Ursache.

 

Jegliche Erholung des Weltmarktpreises, wie auch jede Steigerung des Wertes des US-Dollars, in dieser Währung wird Zucker notiert und gehandelt, hat eine unmittelbare Verringerung der Subvention zur Folge. Sie sind nichts anderes als der Ausgleich zwischen dem politisch Gewollten zu Gunsten des Agrarsektors definierten EU-Preisniveaus und dem jeweiligen Weltmarkt.

 

Folgerichtig gab es während der Zeiten, in denen der Weltmarktpreis zeitweise sogar erheblich über dem EU-Preis lag, als Ausgleich keine Exporterstattungen sondern Abschöpfungen. D. h., Exporteure mussten für die Mengen, die für den Export anfielen, die Differenz zum höheren Weltmarktpreis bezahlen. Bis heute definiert sich das Exportprogramm, die jährlich neu aufgelegte Dauerausschreibung, als, ich zitiere:

 

„Ausschreibung für die Festsetzung von Abschöpfungen und/oder Erstattungen bei der Ausfuhr von Weißzucker“. Vielen Dank.

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Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, AbL:

 

Schönen Dank Frau Vorsitzende, dass die AbL an dieser Anhörung teilnehmen kann. Meine Damen und Herren, eigentlich ist das System der Zuckermarktordnung so schlecht nicht, wenn man sich mal von bestimmten system-ideologischen Überlegungen frei macht und wenn man sieht, dass Freihandel, wenn er denn gefordert wird, auch immer einer bestimmten Interessenlage geschuldet ist und weniger einer allgemeinen sozial-ökologischen Bewegung. Um das auf den Punkt zu bringen, Freihandel fordern immer die Stärkeren, die jeweils Stärkeren, und wenn man in die Geschichte guckt, auch in die Wirtschaftsgeschichte, kann man sehen, wie ein und dieselben Gruppen sich in relativ kurzer Zeit, wenn man es historisch sieht, sich in dem einen oder dem anderen Lager befinden, gerade nach ihrer Interessenlage. Also ist das System so schlecht nicht, dass wir eine Produktion an Quoten gebunden und auf den Verbrauch der EU eingestellt haben. Wir haben eine Zufuhr von privilegierten Mengen aus Ländern der Dritten Welt, also aus Ländern, die wir durch diese Handelsbeziehungen fördern wollen. Soweit wäre das ja auch in Ordnung gewesen, weil auch festgelegt war, dass dieses System haushaltsmäßig neutral sein sollte, also keine öffentlichen Gelder in diesem Bereich verwendet werden sollten. Leider hat dieses schöne System nicht lange überdauert, weil die unterschiedlichen Interessensgruppen dieses System hemmungslos ausgenutzt und pervertiert haben. Irgendwann wurde der Staat in Anspruch genommen, diese 1,6 oder 1,8 Mio. Tonnen AKP-Zucker mit Steuergeld wieder zu reexportieren. Dann hat die Zuckerindustrie Einfluss genommen, die Bauern über die A- und B-Quote hinaus zur C-Zuckerproduktion anzureizen, der ja nur mit einem Zehntel des Preises für Quotenzuckerrüben bezahlt wurde. Durch Bauerngelder wurde damit ein Dumpingeffekt erzielt, indem man diesen nun auf den Weltmarkt brachte, aber der Dumpingeffekt war der gleiche. Warum die Bauern den C-Zucker angebaut haben, ist eigentlich wenig erklärlich, weil man zu diesen Preisen hier keinen Zucker anbauen kann. Könnte man es, könnte man die Zuckermarktordnung ja fallenlassen, wenn das eine lukrative Sache wäre. Die zuckerverarbeitende Industrie konnte damit ja ganz gut leben, auch wenn Ihr Statement eben in die andere Richtung ging, sind ja Ihre Zahlen, was Sie an Umsatz machen und an Arbeitskräften haben, imposant. Wir haben sie ins Verhältnis gestellt zur Zuckermarktordnung, es ist vielleicht nicht ganz richtig, weil Sie ja nicht nur Zucker produzieren, sondern auch noch etwas anderes. Aber immerhin haben Sie ja offensichtlich mit dieser Sache ganz gut gelebt. Starke Industrie, das soll es ja auch sein, das wünschen wir uns ja eben in der Europäischen Union.

 

Also könnte man sagen, nicht Aufhebung dieser Zuckermarktordnung ist das Gebot der Stunde, sondern die Rückführung auf die Vernunft, die in dieser Zuckermarktordnung lag und liegt. Das geht nicht mit dem Vorschlag der Kommission. Es geht ja nicht nur um die Frage, ob wir 35 oder 37 % Preissenkung haben, sondern hier ist eine andere Logik dahinter. Dies ist der Beginn der Freigabe, aber nicht die Frage, wie hoch die Kürzungen ausfallen und das ist gefährlich. Der Weg ist gefährlich und er würde ja auch nicht dazu führen, dass unbedingt weniger Zucker hergestellt wird, sondern er würde billiger hergestellt und es würde eine Verlagerung sowohl in den Zuckerfabriken, die ja jetzt immer schon stattfindet, auch bei den Quoten und dem hohen Preis, aber vor allen Dingen in der Landwirtschaft stattfinden. Einige Bereiche in der Europäischen Union würden höchstwahrscheinlich aus der Zuckerproduktion herausfallen und wenn sie ohnehin daran gekoppelt ist, dass man ein Schutzsystem hat, dann können die Gegenden, die ertragsmäßig schwächer sind, natürlich fragen, warum denn bei uns nicht, warum sollen die Quoten aus Portugal und aus Spanien Richtung Deutschland und Frankreich abwandern. Diese Länder wehren sich ja gegen den Vorschlag der Kommission, dass man grenzüberschreitende Quotenüberlieferung machen kann.

 

Deswegen schlagen wir vor, also die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die Sache über die Menge zu regeln und zwar drastisch. Wir wollen eine 25 %ige Kürzung der A-Quote und das Verbot des Exports von C-Zucker. Wenn C-Zucker hergestellt wird, wir wollen nicht an die Erzeugung gehen, wenn das einer weiterhin machen will für 50 Pfennig oder eine Mark oder 50 Cent oder einen Euro oder etwas mehr, dann sollen sie das tun, aber dann kann man es auch gut in die Biogasanlage schütten. Zu dem Preis kann man es allemal verwerten oder man könnte an Bioethanol denken, wobei ich persönlich da etwas zurückhaltend bin, ob sich das überhaupt rechnet, aber mindestens zu diesem Preis würde es sich rechnen, dann würden die Zuckerfabriken auch mit drin sein. Es wäre jedenfalls besser, als mit diesem Zucker Dumping zu betreiben und diesen Weltmarktanteil, auch wenn er wie Sie sagen nur mit 10 % aus der Europäischen Union aufgefüllt wird, zu bedienen, weil nämlich die Vorteile, die die Länder der Dritten Welt, die an den Präferenzlieferungen in die EU zu den Bedingungen hier beteiligt sind, haben, konterkariert würden durch die Zerstörung des Marktes auf den sie ja auch angewiesen sind. Von daher ist es richtig, dass ist nicht nur allein der EU geschuldet, da ist sicherlich Brasilien mit ganz anderen Mengen am Werk und wir sollten uns herausziehen.

 

Ich habe der Zuckerindustrie in den vergangenen Jahren häufiger gesagt, dieses pervertierte System fliegt euch um die Ohren, und nun haben wir diese Situation und können nur mit Unterstützung der gesellschaftlichen Diskussion möglicherweise dieses vernünftige System retten. Denn interessanter Weise ist eben auch aus entwicklungspolitischer Sicht diese Zuckermarktordnung und die Präferenzzugänge ja nicht unwichtig, weil auch diese Länder mit der Zuckerrohrproduktion in Brasilien nicht konkurrieren könnten. Die würden nicht den europäischen Markt beliefern, wenn wir freigeben.

 

Und aus sozialer Sicht kann man ja davon ausgehen, wenn wir eine Freigabe hätten, dass nicht die Landlosen in Brasilien demnächst den Zucker für Europa produzieren würden oder das sich die Sozialbedingungen oder auch die ökologischen Bedingungen dort ändern oder verbessern würden.

 

Ich meine wir sollten darauf hinweisen, nur in dieser Schlichtheit wird es ja nicht passieren, dass ist ja auch klar. Folglich bleibt ja nur, dass wir auch bei der Vergabe des Zuckers, und es soll ja mehr Zucker vergeben werden, hier sozial-ökologische Kriterien anlegen. Auch, dass ist ja vorhin schon gesagt worden. Bei der Verteilung in den AKP-Ländern wird man zu einer anderen Beurteilung kommen müssen. Aber das sind Details, die man dann ja mit den entsprechenden Ländern aushandeln kann.

 

Bei der Frage der Zuckerproduktion hier sind wir der Ansicht, dass diese Kürzung stattfinden sollte mit einer Freiquote pro Betrieb von 1.000 Doppelzentnern, d. h. wir möchten die kleineren Produzenten von dieser Kürzung freistellen oder jedenfalls, wenn sie darüber hinausgehen, etwas stärker schonen und wir möchten, weil hier immer vom sozial-ökologischen Anbau gesprochen wird, dass nun auch Ökologie in den Anbau der Zuckerrüben eingeführt wird. Dazu gehört, dass nur 25 % der Fruchtfolge mit Zuckerrüben angebaut werden sollten. Wenn man den C-Zucker wegnimmt und der fällt weg, sind einige auch schnell wieder bei dieser Größe. Das ist für die Betriebe, die heute in den entsprechenden Gebieten in ganz andere Prozentsätze gehen, vielleicht etwas schmerzlich, aber etwas schmerzlich ist immer besser, als wenn die ganze Ordnung fällt. Wir sind der Ansicht, dass diese Zuckermarktordnung nur gerettet werden kann, wenn sich alle Gruppen der gesellschaftlichen Diskussion in diesen sozial-ökologischen entwicklungspolitischen Fragen stellen. Das in Europa also durch eine gesellschaftliche Diskussion gestärkt hervorgehende System hätte nach meiner Ansicht auch Aussicht in den WTO-Verhandlungen akzeptiert zu werden, weil wir auf bestimmte Kriterien hinweisen können, die zwar möglicherweise nicht vom System her WTO-konform wären, von den Wirkungen wäre es aber WTO-konform und von daher fände ich es ordentlich, wenn die unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräfte, auch die unterschiedlichen Interessenslagen der einzelnen Gruppen hier zu einer einheitlichen Linie finden könnten. Lassen Sie mich zum Schluss sagen, dass ich ganz besonders auf die Zuckerrübenbauern und -bäuerinnen abheben möchte, weil wir nämlich Gefahr laufen könnten, dass wir demnächst die Zuckerrübenfabriken in Europa an den Küsten angesiedelt haben, weil die Rohstoffverarbeitung in einigen Ländern nicht den Ansprüchen der hiesigen Industrie entspricht und wir die Rohstoffe dann nur von außerhalb bekommen. Dieser zuckerrohrverarbeitenden Industrie wäre das dann ziemlich egal. Ich will nicht sagen, dass wir den Bauern nicht im Blick haben, aber sagen wir von ihrer ersten Interessenslage. Man sollte doch in der zuckerverbrauchenden Industrie auch sehen, dass diese Qualität, die hergestellt wird, auch die Sicherheit des Angebotes, auch auf der Positivseite angesiedelt werden sollte und möglicherweise könnten wir sie ja bei einer breit angelegten Koalition mit in unser Boot bekommen. Frau Vorsitzende schönen Dank. Ich bin damit am Ende meiner Ausführungen.

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Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Danke schön, das nächste Mal müssten Sie sich etwas kürzer fassen. Wir gehen also jetzt in die Diskussion. Wir hatten mal zusammengestellt, wo denn eigentlich die Unterschiede in den einzelnen Bewertungen liegen und auch in der Diskussion muss man ja sehen, dass die Zustimmung vorbehaltlos eigentlich nur vom IZZ, also von den Zuckerverwertern, geäußert worden ist. Alle anderen hatten mehr oder minder große Abweichungen bzw. Bedingungen und als erstes herauszustellen ist ja die Preisdiskussion. Ich denke, zu einem großen Teil an den Hinweis, dass die von der Kommission vorgeschlagene Preissenkung in dieser Höhe nicht für akzeptabel, nicht für sinnvoll und nicht für realistisch für die deutsche Zuckerwirtschaft gehalten werden. Aber auch von Seiten der Vertreter der Entwicklungsländer bzw. der Organisationen, die sich in diesem Bereich bewegen, kam der Hinweis darauf, das auch hier für die entsprechenden LDCs- bzw. AKP-Staaten ein gewisses Regime notwendig ist. Dann der Bereich Quotenkürzung. Auch hier haben wir darüber diskutiert, dass brauche ich jetzt nicht alles zu wiederholen. Beim Quotenregime gab es auch etwas unterschiedliche Vorstellungen, hier von der AbL gefordert, mit einer Grundquote.

 

Im Hinblick auch auf die Fragen des grundsätzlichen Freihandels bzw. einer Beibehaltung, wie Herr Buntzel-Cano das formuliert hat, eines Zollkontingentssystems gab es eher eine starke Tendenz bei den Sachverständigen zur Beibehaltung des Systems mit Ausnahme von IZZ wiederum.

 

Also ich denke in diesem Kontext werden wir hier weiter diskutieren und ich glaube, die Frage, die Herr Isermeyer am Anfang gestellt hat, nämlich ob man die EU wettbewerbsfähig machen kann, und es sich also hier um eine Strategie der Abwicklung oder um eine Strategie des Austarierens von fairen

 

Handelsbedingungen weltweit auch im Hinblick auf erfolgreiche WTO-Abschlüsse handelt, muss diskutiert werden. Ich denke, diese Frage werden wir auch politisch beantworten müssen und es wäre schön, wenn Sie uns bei dieser Beantwortung auch in der weiteren Diskussion weiter helfen.

 

Ich würde jetzt als allererstes gerne die Berichterstatter der Fraktionen zu Wort kommen lassen. Ich denke, wir machen drei Runden, á 6 Wortmeldungen. Ich denke, dass werden Sie verkraften. Ich würde Sie auch im Hinblick auf die vielen Gäste, die hier sind und ja nicht fragen können gerne anregen, ruhig auch gegenseitig auf Ihre Argumente einzugehen, also nicht immer, wenn Sie genannt werden, brauchen oder dürfen Sie sich zu Wort melden, sondern auch darüber hinaus, damit wir eine lebhafte Diskussion bekommen. Man muss sich aber nicht wiederholen.

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Abg. Gustav Herzog:

 

Vielen Dank Frau Vorsitzende. Zunächst herzlichen Dank an unsere Sachverständigen für ihre Vorträge, die noch einmal zusammengefasst haben, was Sie uns in Ihrer schriftlichen Vorlage überlassen haben, die zum Teil ja auch sehr ausführlich sind und sicherlich eine gute Grundlage sind für die Diskussion, von der ich jetzt ausgehe, dass sie uns noch ein Jahr begleiten wird, mindestens bis zu den WTO-Verhandlungen in Hongkong im Herbst/Winter nächsten Jahres. Es war nicht überraschend, dass auch Sie heute Morgen Ihre Einschätzung sehr widersprechend vorgetragen haben, so dass man nach dem Lesen Ihrer Vorlagen den Eindruck behält, dass man sich aus einem großen Korb von alles oder nichts das aussuchen kann, was man als eigene Einschätzung gerne hätte. Da will ich eins aufgreifen, was Herr Prof. Isermeyer sehr offen und pointiert geschrieben hatte und diese Frage richte ich an alle, die auch über Produktionskosten geredet haben. Herr Isermeyer, Sie haben geschrieben, Sie beziehen sich auf eine Studie LMC, hätten aber diese Quelle und die Zahlen, die da genannt werden, nicht überprüfen können. Das macht mich schon nachdenklich, wenn hier mit Zahlen gearbeitet wird, bei denen nicht klar ist, auf welcher Grundlage sie erarbeitet worden sind. Deshalb meine Frage an alle:

 

Verwenden Sie die gleiche Quelle für Ihre Einschätzungen oder haben Sie unabhängig Daten erheben können.

 

Das zweite wurde in Ihren Vorlagen auch sehr unterschiedlich eingeschätzt, wie verhandelt werden soll, ob Vorfestlegungen vernünftig sind, ob es sinnvoll ist jetzt darüber zu sprechen, wie man auf das WTO-Panel reagiert oder ob man, wie es der Bauernverband und NGG formuliert haben, sagt, am besten warten wir erst alles einmal ab und dann fangen wir an. Die Frage ist, ob es nicht besser ist die Anpassungszeit zu nutzen und jetzt auch den Landwirten zu sagen, dass über die Notwendigkeit und die Unabweisbarkeit keine Zweifel bestehen. Das war auch eine Übereinstimmung in dieser Runde.

 

Und da geht meine Frage dahin, weil Sie dies verschiedentlich angesprochen haben, ob das Eleganteste ein Mengengerüst wäre, in das das, was historisch auch so irgendwo zusammengewachsen ist, z. B. die Verträge mit den AKP-Staaten, was wir für die LDC-Staaten beschlossen haben, möglicherweise noch die USA als Partner, und was Herr Buntzel-Cano mit seinen Zollkontingenten angesprochen hat, eingebaut werden kann? Wie realistisch ist es überhaupt, ein solches Mengengerüst im Hinblick auf die WTO-Verhandlungen zu packen und dann sozusagen eine ganze Reihe in einem klaren Zeithorizont zu klären? Und eine letzte Frage, weil die Kolleginnen und Kollegen auch ihre Gelegenheit haben sollten, eine Detailfrage. Herr Bär war der einzige, der das Thema Isoglucose angesprochen hat. Entspricht es der Bedeutung des Themas, dass es nur der Herr Bär gemacht hat oder haben Sie sich so kurz gefasst, um diese Detailfrage nicht anzusprechen? Interessant ist, dass ich nirgendwo lesen konnte, warum diese Entscheidung so von der Kommission getroffen worden ist. Vielleicht können Sie mir da weiterhelfen.

 

Abg. Marlene Mortler:

 

Ich habe eine Frage an Prof. Isermeyer. Herr Isermeyer, Sie haben davon gesprochen, dass es ja EU-Strategie sei, zu sagen, wir müssen die Landwirtschaft fit machen für den Wettbewerb. In Ihren weiteren Ausführungen sind Sie aber zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie gerade bei Zucker Zweifel haben und sogar davon ausgehen, dass das Ganze, wenn es quasi um die Reform der Zuckermarktordnung geht, ins Leere laufen würde. Ich wünsche mir hierzu noch nähere Erläuterungen.

 

Die nächste Frage geht an IZZ. Ihnen ist ja wahrscheinlich schon tausendmal die Frage gestellt worden, warum der Verbraucher mit einer radikalen Zuckermarktreform entlastet werden würde.

 

Vielleicht haben Sie inzwischen eine bessere Antwort dazu. Zweitens haben Sie in Ihren Ausführungen von 400.000 Beschäftigten gesprochen mit einem Umsatzvolumen von 40 Milliarden und Sie haben weiter in Ihren Ausführungen davon gesprochen, dass gerade die exportorientierten Unternehmen, sollte der aus Ihrer Sicht überhöhte Zuckerpreis und die sinkenden Exporterstattungen weiter Fakt sein, viele zuckerverarbeitende Unternehmen in den Bankrott treiben würden. Dazu möchte ich nähere Erläuterungen und auch noch einmal zu der Entwicklung der Beschäftigtenzahl, zu diesen 400.000 Menschen, in den letzten zehn Jahren.

 

Abg. Friedrich Ostendorff:

 

Ich denke wir sind hier bis auf IZZ wirklich, wie die Vorsitzende schon feststellte, inzwischen in vielen Fragen relativ nah beieinander. Wir diskutieren ja heute nicht das erste Mal, das ist ja auch klar. Wir werden auch weiter diskutieren, auch wenn die Versammlung am Mittwoch nun leider in den Agrarausschuss gelegt worden ist, warum auch immer. Die Frage, die für uns hier ansteht ist ja im Grunde das, was Herr Isermeyer am Anfang schon sagte. Gehen wir in die Diskussion mit dem Fischler-Vorschlag oder haben wir auch einen Vorschlag, der stärker auf Quotenabsenkung und weniger stark auf Preisabsenkung geht, ins Auge zu nehmen. Ich denke, dass Herr Graefe zu Baringdorf das ja ausgeführt hat und hier haben wir uns von Seiten der Grünen dazu bisher so positioniert, dass wir diesen zweiten Vorschlag für wesentlich Zielführender halten, die Verbrauche mehr in den Focus zu nehmen und die inländischen Verbrauche mit der Anbaumenge hier und der Anbaumenge der 49 ärmsten Länder zusammenzubringen. Hier noch einmal die Frage an Sie Herr Graefe zu Baringdorf. Sie sprachen vom qualifizierten Außenschutz. Wie soll der denn aussehen? Wie kriegen wir das abgesichert? Die Frage aber auch an Herrn Buntzel-Cano, ob dieser Weg auch von den Nichtregierungsorganisationen, die Sie vertreten, mitgegangen werden kann und unter welchen Bedingungen. Hier klingt ja immer wieder an, dass man auch die 49 ärmsten Länder wettbewerbsfähig machen und alte Strukturen erneuern muss. Ist es richtig, wie manchmal geäußert wird, diesen Prozess der Integration dieser 49 ärmsten sehr schnell zu gehen oder können Sie sich auch vorstellen, insoweit geht die Frage auch an Herrn Graefe zu Baringdorf, diesen Prozess so wie die 49 ärmsten sich positioniert haben, etwas längerfristig zu gestalten? Das wäre für uns eine wichtige Frage, die wir noch einmal mit den Experten besprechen möchten.

 

Abg. Hans-Michael Goldmann:

 

Frau Vorsitzende, sehr verehrte Sachverständige, man sagt das ja immer bei Anhörungen, aber wirklich ganz herzlichen Dank für Ihre Ausarbeitungen, die Sie uns zugeleitet haben und die für mich und für meine Fraktion die Grundlage der weiteren Arbeit sein werden. Ich will das hier auch noch einmal betonen, was Kollege Ostendorff auch ansprach. Wir haben in dem Szenario:

 

Alles liberalisieren, nichts ändern oder einen mittleren Weg beschreiten, die Fischler-Vorschläge. Nur ich meine auch, dass wir innerhalb dieser Fischler-Vorschläge durchaus Handlungsspielraum haben und dass wir den dann ausgestalten wollen. Da sind eben auch schon von meinen Kollegen, wie Herrn Ostendorff, Fragen gestellt worden, mit denen wir uns intensiv zu befassen haben, ob sich so etwas mit qualifiziertem Außenschutz überhaupt realisieren lässt, wobei ich persönlich betonen will, dass ich das für nicht realisierbar halte, nachdem was mein Kenntnisstand ist. Wie gesagt, herzlichen Dank für diese Aufträge, die wir durch Sie bekommen haben und wir möchten dann natürlich auch mit Ihnen im Gespräch bleiben, weil es überhaupt nicht zu einer Lösung kommen kann, die vom Zaun gebrochen wird, sondern wir müssen hier möglichst viele mitnehmen.

 

Grundlage meiner Kernfrage, die hat Herr Herzog auch aufgegriffen, wäre auch die Aussage von Herrn Isermeyer, die man sicherlich auch noch ein Stück durchgeben kann durch die Reihen der Sachverständigen. Wenn ich Herrn Isermeyer richtig verstanden habe, sagt er ja okay, wir gehen diesen mittleren Weg, aber dieser mittlere Weg ist möglicherweise in der Relation Quotensenkung/Preissenkung nicht so ausgewogen, wie er sein sollte, aber auf die Dauer zementieren wir im Grunde genommen ein Sondermodell Zucker. Da nehmen wir uns Partner, das können, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die USA und die AKP-Staaten sein, aber wir bleiben bei einer Sondermarktsituation für Zucker, die wir sonst in keinem anderen Agrarbereich in dieser Ausgestaltung haben. Wir federn das dann noch einmal ab an der einen oder anderen Stelle mit Sonderregelungen für AKP, mit Sonderregelung für Least Developed Countries, aber es bleibt bei dieser Sondersituation. Da würde ich gerne von den Beteiligten hier wissen, ist so was realistisch, ist das vor dem Hintergrund, was wir bis jetzt an Erfahrungen gesammelt haben, bei WTO-Verhandlungen allerdings auch bei Klagesituationen, die wir ja nicht nur im Agrarbereich haben, die wir z. B. auch in einer Situation haben, die meinen Heimatort betrifft, z. B. bei Wettbewerbshilfe für den Chipbau, ist das überhaupt realistisch? Herr Graefe zu Baringdorf, Sie haben die Rückführung auf die Vernunft angesprochen und da würde mich doch etwas konkreter interessieren, wie Sie sich dauerhaft diese Vernunftsausgestaltung, gerade auch in der Fragestellung, die ich eben an Herrn Isermeyer gestellt habe, denken. Der IZZ-Vertreter hat gesagt, die Belastungen sind weitgehend neutral. Ich würde gern Herrn Dr. Gebhardt fragen oder auch den Vertreter des Bauernverbandes, Herrn Bär, Sie haben ja in Ihren Ausführungen eine andere Beurteilung abgegeben, die weit entfernt ist von Neutralität und da würde ich mir doch noch einmal wünschen, dass Sie das miteinander noch einmal austauschen. An den Vertreter des Bauernverbandes noch einmal die Frage, auf Seite 2 sagen Sie: Mit Ihren Vorschlägen hat die EU-Kommission jedoch ein Reformpaket vorgelegt, das weit über die tatsächlichen Reformnotwendigkeiten hinausgeht. Da würde mich mal interessieren, wo dieses Reformpaket über das hinausgeht, weil ich persönlich der Meinung bin, dass wir möglicherweise durch das Inkrafttreten des Panelurteils im Grunde genommen ein Stück hinter dem zurück sind, was von uns möglicherweise in ganz kurzer Zeit verlangt wird.

 

Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier:

 

Zunächst einmal vielen herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Ich hätte eine konkrete Frage an den Vertreter des IZZ. Wie hoch ist denn der Bruttoeinsatz an Zucker in Ihrem Bereich, um da mal ein Verhältnis zu sehen zwischen Ihrer Wertschöpfung von brutto etwa 40 Milliarden und zwischen dem, was Sie überhaupt an Zucker einsetzen. Das würde ja vielleicht einiges deutlich machen, auch in Bezug auf die Wichtigkeit dieser Entscheidung und auch auf die Wichtigkeit des Zuckerpreises für Ihre Branche. Auf der anderen Seite eine Frage an Herrn Isermeyer und vielleicht in dem Zusammenhang auch an OXFAM. Wie stellt sich das denn dar in der Systematik, die jetzt zu entwickeln ist, denn es ist ja wohl davon auszugehen, dass es nach dem Auslaufen der jetzigen Zuckermarktordnung mit Sicherheit zu einem neuen Marktordnungsmechanismus kommen wird und ein geregelter Markt kann nur existieren, wenn ich letztendlich auch Quoten in entsprechender Systematik festlege. Ist es evtl. erforderlich, diese bisherige Quotensystematik, wie wir sie im europäischen Zuckermarkt haben, grundsätzlich zu überdenken und neu zu denken? Ist es z. B. vorstellbar, dass man die Quotenrechte dann den jeweiligen Produzenten zuteilt, in der Weise, dass man dort entgegen den bisherigen Vorgaben unter Umständen Kontingente bezogen auf eine bestimmte definierte Menge Weißzucker austeilt und ist in dieses Quotensystem unter Umständen dann auch in die internationale Ebene mit einzubeziehen? Denn bei der Größenordnung der vermeintlichen nicht berechenbaren Produktion der LDCs wäre es ja notwendig, den Gesamtzusammenhang so zu organisieren, dass sich die vermeintliche Quotenmenge in irgendeiner Form dort wieder findet, wenn man eine langfristige Regelung präferiert. Ansonsten wäre man zu den gegebenen Zeitpunkten immer wieder gezwungen, neue Nachverhandlungen zu führen. Dann ist die andere Frage auch, wie sich denn der Verhandlungsmechanismus direkt darstellt. Auf welcher Ebene und in welchem Gremium sollen denn direkte Verhandlungen zwischen potentiellen Interessenten, sprich AKP, LDC und der EU geführt werden? Unter Umständen bei Ländern, die bislang noch gar keinen Zucker produzieren, sondern erst beabsichtigen, in Zukunft Zucker zu produzieren und wie sollen deren Interessen dann im Rahmen dieser Quotierung festgelegt werden. Das sind also Dinge, die mir im Augenblick zumindest auf dieser Ebene recht fragwürdig und nicht darstellbar erscheinen.

 

Aber es geht ja darum im Vorfeld für die Entscheidung der EU, wenn es denn dort zu einem Legislativvorschlag kommt, auch eine gewisse Linie darzustellen, wo man dann auch verhandlungsfähig auf der internationalen Ebene wäre, auf der europäischen Ebene. Darauf bezogen ist natürlich auch dann die Frage zu stellen, wie denn die Systematik innerhalb unserer eigenen Zuckererzeugung aussieht. Wenn wir denn kein Interventionssystem im eigenen Sinne mehr haben, wie stellen wir das dar? Tragen wir die jeweilige C-Zuckermenge auf das nächste Produktionsjahr vor? Ich kann mir einen anderen Mechanismus im Augenblick nicht vorstellen, denn der Mechanismus der privaten Lagerhaltung wird mit Sicherheit nicht das erfüllen, was man von ihm erwartet. Wie ist die Einschätzung dessen? Ich meine, WTO-konform ist ja immer noch die bisher präferierte Menge, die wir auf Grund der alten Vereinbarung in den Weltmarkt exportieren dürfen. Angegangen im Rahmen des WTO-Panels ist ja nur die Art und Weise der vermeintlichen Verknüpfung des C-Zuckerexportes mit Quersubventionierung und zum anderen die Menge dessen, was wir an AKP-Zucker reexportieren.

 

Das heißt in dem Zusammenhang ist natürlich die bisherige Regelung der Zuckermarktordnung an sich noch konform, wenn wir uns an die Vorgaben halten, die wir eigentlich hätten einhalten müssen.

 

Der EU-Zuckermarkt wird ja nicht entscheidend wachsen, sondern wir werden ja in etwa auf der Größenordnung des Verbrauches verbleiben, wie wir ihn bisher auch haben. Das heißt, die Menge des Verbrauches ist ja wohl zu kalkulieren oder auch zu bewerten. Das müsste dann natürlich auch in dem Zusammenhang zur Grundlage dessen gemacht werden, was wir hier an Quoten insgesamt für den gesamteuropäischen Markt austeilen. Es gibt eine Reihe von offenen Fragen, gerade in dem Bereich was die Mengenregulierung dieses Marktes angeht, was von ganz entscheidender Qualität auch in der Diskussion sein dürfte. Darüber hinaus ist natürlich die Frage zu stellen, ob wir einen Markt über den Preis überhaupt regulieren können. Ich glaube, es ist ganz deutlich geworden aus den Ausführungen des Prof. Isermeyer, dass wir im Rahmen der Neustrukturierung der Zuckermarktordnung eine grundsätzliche Entscheidung zu fällen haben, ob wir eine Zuckerproduktion in Europa behalten wollen über Rübe, denn naturgemäß wächst in Europa kein Zuckerrohr, oder ob wir das nicht wollen. Wenn wir das denn wollen und ich sehe das so voraus, dass wir das wollen, ist die Frage, mit welchem Mechanismus wir das darstellen können und wo es denn auf der internationalen europäischen Ebene auch Allianzen gibt für Positionen, die wir als deutsche Position entwickeln können, im Kontext derer, die ein großes Interesse an der europäischen Zuckermarktordnung haben, nämlich Frankreich, Deutschland und Polen. Und wie sehen Sie dort unter Umständen gemeinsame Linien, die man in ein gemeinsames Konzept im Verhältnis zu den Ländern bringen könnte, die keine großen Interessen im Zuckermarkt haben? Das wäre sehr wichtig.

 

Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Darf ich jetzt mal stoppen. Bevor wir alle Fragen von allen Abgeordneten dieser Legislaturperiode zu diesem Bereich vorwegnehmen, hören wir hier auf. So Herr Schindler. Übrigens er ist der Berichterstatter, Frau Mortler ist die Sprecherin. Das wollen wir doch noch einmal richtig stellen.

 

Abg. Norbert Schindler:

 

Vielen Dank Frau Vorsitzende. Zunächst eine Anmerkung von vorhin als Antwort. Wenn am Mittwoch die Tagung in Berlin ist; ich bin ja Mitglied des Finanzausschusses und wir machen das öfters oder es kommt auch vor, dass wir den Ausschuss dann unterbrechen und eine wichtige andere Veranstaltung besuchen, Herr Herzog. Das praktizierten wir in der Vergangenheit des Öfteren. Jedenfalls bin ich um 11.00 Uhr bei dieser Tagung am Mittwoch. Nur so als Anregung zum Nachdenken.

 

Herr Oetzel, die erste Frage geht an Sie. Garantieren Sie dem europäischen Verbraucher, dass Coca Cola dann so teuer wird wie in Brasilien, obwohl dort Weltmarktpreise herrschen, oder geben sie den Preis wirklich durch? Dann würde man ja Ihrer Argumentation folgen können. Man kann es schlecht glauben aus der Sicht der Erfahrung der Vergangenheit, denn als bei Weizen die Angleichung an den Weltmarktpreis durchgeführt wurde, hat es keiner in der Bäckerei oder einer Großbäckerei gemerkt, es wurde also nicht durchgereicht. Und deswegen der Anteil von 0,5 oder 3 Cent an einer Tafel Schokolade oder einem Mars-Riegel, dass erfüllt uns schon mit großen Zweifel, ob dies dann so eintreten würde und welchen Preisvorteil europäische Verbraucher hätten. Dann auch noch mal eine Klarstellung. Der Kollege Goldmann soll gut zuhören. Im Panel in der WTO reden wir über sensible Produkte und da geht es nicht nur um Zucker. Ein sensibles Produkt in der Besonderheit war auch Entwicklungshilfe der besonderen Art, indem die AKP-Staaten vor einigen Jahren eine indirekte Entwicklungshilfe bekommen haben, die die europäischen Rübenanbauer direkt oder indirekt finanziert haben. Das muss man nur noch einmal in Erinnerung rufen. Heute ist das abgeräumt nach dem Motto, dass geht sie alle an. Ich bin Ihnen allen dankbar, außer der IZZ, dass die Aussage da ist und Sie es für notwendig halten, dass ein Mengenregime erhalten bleibt bzw. eine Quote. Trotzdem die Frage politisch gesehen an Herrn Dr. Gebhardt und den Vizepräsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Herrn Bär:

 

War es notwendig, dass Fischler mit oder ohne Not diese Vorschläge schon macht, obwohl im Panel noch heftig gestritten wird, wie sich die Zuckerpolitik der EU auf den Weltmarkt auswirkt? Zum Zweiten an die beiden genannten Personen und auch an Sie Herr Isermeyer:

 

Wenn wir ein Mengengerüst und ein Quotensystem in der jetzigen vorgeschlagenen Form von Herrn Fischler behalten, ohne das nach unten eine Durchsicherung passiert, hat dann überhaupt ein Abwehrmechanismus innerhalb der Europäischen Union noch einen Zweck, oder rutschen wir nicht nur unter die 430, sondern vielleicht sogar auf die 220 Euro pro Tonne? Und die letzte Frage an den Deutschen Bauernverband. Welche Auswirkungen sind für die 48.000 landwirtschaftlichen Betriebe zu befürchten, die direkt mit der Zuckerproduktion zu tun haben, würde sich nur die Stufe 1 politisch durchsetzen lassen und welche Auswirkungen wären bei der Stufe 2 zu befürchten in den Ackerbauregionen in unserer Republik? Wie viele Höfe würden dafür geopfert werden und welche der Wertschöpfung geht, Herr Dr. Gebhardt, der gesamten deutschen Landwirtschaft, nicht nur der europäischen, verloren a) bei Stufe 1, b) bei Stufe 2.

 

Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Ja herzlichen Dank. Also Sie haben ja nun alle genug Fragen mitbekommen, denke ich mal und ich würde jetzt anfangen mit der Beantwortung bei Herrn Graefe zu Baringdorf. In der zweiten Runde kommen alle dran, die sich weiterhin gemeldet haben. Bitte etwas kürzer, sonst schaffen wir das nicht mehr bis 14.00 Uhr.

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Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf:

 

Ja die wichtigste Frage war die nach der Vernunft. Ich glaube an die sanfte Gewalt der Vernunft und wenn wir als Politiker da nicht mehr dran glauben, sondern nur noch an das Austarieren von Interessenslagen, dann wird es schwierig. Das war mein Appell zum Schluss. Ich glaube, dass wir bei der Beurteilung dieser Frage uns von der Festlegung - ich hatte es ideologische Festlegung genannt – auf bestimmte Instrumentarien frei machen müssen.

 

Die AbL hat bei der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik für die Entkopplung gestimmt gegen die Haltung des Bauernverbandes, der sich dann ja angeschlossen hat, nachdem sie durchgezogen wurde. Die Entkopplung heißt mehr Markt und ist das Gegenstück von dem was als Instrumentarium vorgesehen ist. Wir haben uns dafür entschieden, weil ein Großteil unserer Mitglieder aus dem Interventionssystem raus gegangen ist und mit besonderen Produkten an den freien ich sage mal regionalen Markt gegangen ist. Sie haben gezeigt, dass es am Markt möglich ist, höherpreisige Märkte zu erzielen mit bestimmten Qualitäten, die es den Verbrauchern und Verbraucherinnen wert sind. Das ist bei Zucker schwierig, diesen Weg zu gehen und wir haben bei der Entkopplung auch erreicht, dass die alte Benachteilung des Grünlandes im Verhältnis zum Mais aufgehoben wurde. Wir hatten es ja in der Agenda 2000 als Vorschlag der Kommission, da haben sich die einflussreichen Kräfte wieder dagegen gewehrt und es ist alles beim Alten geblieben. Durch die Entkopplung gibt es keine Maisprämie mehr von der Logik her. Von daher glaube ich, dass man diese Vernunft, über die Zielsetzung, auch über die Zielsetzung in den WTO-Verhandlungen zu reden, mindestens versuchen sollte. Wenn man die Auseinandersetzung bei den WTO-Verhandlungen und die große Brisanz, die dieses Thema auch bei Nichtregierungsorganisationen und bei jungen Menschen erzielt hat, betrachtet, dann finde ich, gibt es Mut zur Hoffnung, dass wir es hinkriegen, weil auch die nicht nach den Instrumentarien fragen, sondern sie fragen danach, wem wird denn damit geholfen, wen stützt das.

 

Das Europäische Parlament hat sich für den qualifizierten Außenschutz ausgesprochen. Fischler hat in den WTO-Verhandlungen mit Auftrag des Agrarausschusses des Europäischen Parlaments den qualifizierten Außenschutz vor den Exportsubventionen verhandelt. Das Ergebnis kennen wir. Nur ist natürlich Qualität schwieriger zu bestimmen als Quantität. Und da in die Auseinandersetzung zu gehen, ist gerade in dieser Zuckermarktordnung notwendig, weil diese Qualitäten ja auch bei der Vergabe von Quoten, wenn man unserem System oder sagen wir dem von der Mehrheit vertretenen System folgt, es ja eine Frage ist, wie diese Quoten nach Qualitäten vergeben werden und da komme ich jetzt auf die Frage der sog. ärmsten Länder, also des freien Zugangs. Wir halten beim Zucker diesen freien Zugang für außerordentlich problematisch und ich vermute, das Europäische Parlament wird auch hier Quoten befürworten und man kann sie nach dem jetzigen Zuckeranbau ruhig doppelt so hoch oder dreimal so hoch setzen, das würde die europäische Interessenslage nicht vollständig unterlaufen. Lassen wir es aber frei, ist im ökologischen Bereich zu befürchten, dass es hier zu Monokulturen kommt. Im Handelsbereich ist zu befürchten, dass sie als Transferländer gebraucht werden, die nun Zucker in die Europäische Union bringen. Das ist ja auch die Argumentation, die Fischler gebraucht hat, warum er mit dem Zucker 37 % runter geht, weil er sagt, dann lohnt es sich nicht mehr, den Zucker von dort zu bringen. Ich habe die große Frage, ob es sich nicht doch noch lohnen wird. Jedenfalls für die Transfergeschichte würde es sich lohnen. Also ist auch das nicht geeignet. Fischler sagt, gut, bringen Sie doch die Quoten mehrheitlich erst einmal bei den Nichtregierungsorganisationen unter, die gerade ja alles außer Waffen und freien Zugang auch wieder ideologisch nehmen und das verteidigen werden, weil es ein Schritt in die richtige Richtung ist, in diesem Falle aber gefährlich wird. Das wieder auszukaspern ist in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung nicht so ganz einfach.

 

Zu der Frage des qualifizierten Außenschutzes möchte ich noch sagen:

 

Wir stellen uns vor, dass im internationalen Handel ein Fond gebildet wird, der gespeist wird von Geldern, die früher Abschöpfungen genannt wurden, wenn sie denn zum Tragen kommen, oder aber mit festgelegten Abgaben, die weltweit eine Entwicklung der ländlichen Räume ins Auge fassen und die Produktion im Sinne einer sozialökologischen Bewegung. Das ist auch wieder sehr weit gegriffen. Aber wenn wir das nicht irgendwo anbinden, dann bleibt der qualifizierte Außenschutz ein zwar etwas blumiger Begriff, aber er wird sich nicht konkretisieren. Hier könnte man mit Zucker anfangen und ich würde sagen, dass wir von den Zulieferungen der Privilegierten einen Teil in diesen Fond geben. Auch von der europäischen Seite sollte es einen Zuschuss zu diesem Fond geben, damit soziale und ökologische Erwägungen jetzt nicht nur auf Zucker, aber auch auf Zucker auch im Sinne der Modernisierung, damit Sie mich nicht falsch verstehen, zum Tragen kommen. Ich finde, dass die ländliche Entwicklung bei uns in Europa und in den Ländern der Dritten Welt als eine Wirtschaftsentwicklung und als ein Beitrag zu einer Stabilisierung der Einkommen aber auch des Volkseinkommens gesehen werden muss. In dem Sinne könnten wir dann den qualifizierten Außenschutz etwas konkreter machen.

 

Zum Schluss Frau Vorsitzende noch zum Preis. Wir möchten diese Preissenkung nicht als eine Logik des Ausstiegs aus der Quote. Wir können und müssen uns natürlich darüber unterhalten, ob man mit diesen 300 Euro, die demnächst ja auch nach der deutschen Regelung den Zuckerrübenflächen zu Gute kommen, was ich den Bauern gönne, darum geht es nicht, den Bereich der noch am lukrativsten in der europäischen Landwirtschaft läuft, wirklich so unterstützen muss. Hier muss man diese Prämie in einem Preisabschlag deutlich machen, die muss sich da wieder finden. Wir sind dezidiert gegen die Einführung einer neuen Zuckerprämie, die dann entkoppelt wird. Sie sehen, auch hier sind wir für die Entkoppelung aus historischen Überlegungen. Bei der Fragestellung nach Zucker wäre es gerade zu unsinnig hier noch eine Prämie einzuführen, die man dann sofort wieder entkoppelt, sondern da muss man moderat in den Preissenkungen bleiben, jedenfalls was Zuckerrüben anbelangt. Beim Zucker, das wird jetzt der Zuckerwirtschaft nicht so gut gefallen, vielleicht etwas mehr der IZZ. In den Gesprächen, ich habe mit allen Seiten Gespräche gehabt, wird immer wieder bemängelt, dass es eine ziemliche Monopolstellung im Zuckerbereich gibt. Wenn man in Süddeutschland kaufen will, kann man eben nicht ein Angebot aus Norddeutschland holen oder aus einem anderen Land. Die Zuckerindustrie – Sie können ja widersprechen - verdient an diesem System mehr als die Bauern.

 

Das ist für mich ein Ärgernis. Von daher möchte ich jetzt nicht unbedingt, dass man den Bauern das jetzt zu Gute kommen lässt, dass ist ja ein lukrativer Bereich, sondern es muss im Bereich des Weißzuckers zu einer Veränderung preislich und von den Strukturen kommen. Es muss mehr Wettbewerb rein. Das verträgt sich aber mit dem, was wir von der AbL als Instrumentarium angeboten haben. Frau Vorsitzende, das war es glaube ich schon. Danke.

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Christian Bär, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, DBV:

 

Vielen Dank Frau Vorsitzende. Es sind eine Reihe von Fragen gestellt worden. Ich will das letzte aufgreifen, was Herr Graefe zu Baringdorf angesprochen hat, als süddeutscher Rübenanbauer beklage ich, dass norddeutscher Zucker auch in Süddeutschland verkauft wird und auch umgekehrt. Das ist jetzt etwas scherzhaft. Dieser Markt findet statt und die Ware wird transportiert. Das ist in Ordnung. Hier funktioniert der Markt innerhalb Deutschlands. Es sind eine Reihe von Fragen an mich gestellt worden. Lassen Sie mich beginnen mit der Frage nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens und den Auswirkungen. Die Frage wurde gestellt von Herrn Ostendorff und von Herrn Schindler. Die Fischler- Vorschläge sind deswegen zu früh, weil sie die WTO und das Panel in keiner Weise berücksichtigen und wir sozusagen im Vorfeld schon Leistungen erbringen von denen man nicht weiß, wie sie im Nachhinein noch zusätzlich belastet werden. Deswegen glauben wir, ist es der falsche Zeitpunkt und der falsche Ansatz gewesen.

 

Es wurde darüber diskutiert und gesprochen, auch über Preise. Lassen Sie mich den Boden noch etwas öffnen. Wir leben hier in dieser Gesellschaft mit den gesellschaftlichen und politischen Forderungen, was die sozialen und ökologischen Standards betrifft. Wir Bauern erfüllen das gerne. Da ich seit 12 oder 14 Jahren auf den internationalen Veranstaltungen auch der WTO-Verhandlungen für den Deutschen Bauernverband teilnehme, weiß ich auch, wie in Brasilien und wie in Schwarzafrika produziert wird und viele der Vertreter, insbesondere der nichtbrasilianischen Zuckerhersteller, fürchten schlicht und ergreifend, dass sie dem brasilianischen Ansturm nicht standhalten werden.

 

Wenn man die brasilianischen Bedingungen sieht, dann kann ich nur sagen, da würde hier nicht ein Gramm Zucker produziert werden dürfen und zu Recht. Ich will das nicht weiter ausführen. Ich will nur darauf hinweisen, wenn wir hier über reine Preise reden. Das ist zum Teil menschenunwürdig, wie dort Menschen in der brasilianischen sog. Zuckerwirtschaft arbeiten und produzieren müssen. Wir haben denke ich die Aufgabe uns für Produktionsbedingungen einzusetzen, die es ermöglichen, hier unter den gegebenen Anforderungen Zucker zu produzieren. Die Frage von Herrn Schindler, wie sich das auf Einzelbetriebe auswirkt, kann man seriös eigentlich nicht beantworten. Wir können festhalten, dass wir einen Verlust von in etwa 300 Mio. Euro haben in der ersten Stufe, in der zweiten Stufe von 360 Mio. Man kann die Frage nach den Betriebszahlen deswegen nicht seriös beantworten, weil man ausrechnen müsste, wo die Grenzstandorte in der Produktion sind. Wir wissen europaweit, dass die mediterranen Bereiche, also Italien und Spanien, rund 5 bis 6 Tonnen Zucker pro Hektar produzieren.

 

Die guten zwischen 10 und 12, also Frankreich, Deutschland und Polen, weil es auch angesprochen wurde. Genau diese gleiche Situation haben wir in Deutschland und in dem Maße, wie sich europaweit die Zuckerproduktion verändern würde, würde das auch in Deutschland greifen, mit den Folgen, nicht nur für die Landwirte, sondern auch dort wo eine Senkung oder eine Umverteilung der Produktion bei den Zuckerrübenfabriken nicht möglich wäre. Denn wenn die Reduzierung kommt, 20 oder 27 % weniger, kann das eine einzelne Fabrik in der Regel nicht abfedern, d. h. sie würde zu machen müssen, mit dem Ergebnis, dass ganze Regionen möglicherweise, weil die Rübe ja nicht so besonders transportwürdig ist wegen ihrer Menge, aus der Zuckerrüben- und damit der Zuckerproduktion herausfallen. Ich bitte deswegen um Verständnis, dass ich Ihnen eine seriöse Zahl nicht nennen kann. Ich kann nur versuchen auf den Trend hinzuweisen. Ich denke, dass war es für die erste Runde aus meiner Sicht.

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Dietrich Oetzel, IZZ:

 

Wir wollen es so handhaben, dass ich Stellung beziehe zu der Verbraucherentlastung und zu den 400.000 Beschäftigten plus Exporterstattung usw. und die Frage nach der Kostenweitergabe. Herr Prof. Schmidt wird die anderen Fragen beantworten.

 

Prof. Dr. Erich Schmidt, IZZ:

 

Vielen Dank. Ich möchte kurz insbesondere zu den Fragen von Herrn Herzog und von Herrn Goldmann Stellung nehmen und dabei auch ein bisschen auf Herrn Isermeyers Statement eingehen, wenn Sie gestatten Herr Kollege. Es ist ja die Frage nach der Zementierung einer Sonderstellung, das hatten Sie aufgeworfen, gestellt worden. Dies meine ich sollte auch ein zentraler Punkt sein, den man im Auge behalten soll. Die Agrarpolitik ist angetreten, um in der Europäischen Union marktwirtschaftliche Elemente zumindest einzuführen oder in einem marktwirtschaftlichen System zu überführen und im Agrarsektor mit der Zielsetzung, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Nun kann man natürlich sagen, die Zuckermarktordnung bricht zusammen. Herr Isermeyer ich stimme Ihnen hundertprozentig zu, wenn wir sie so weiterfahren, wird sie zusammenbrechen. Die Frage ist natürlich, wo eigentlich der Lösungsweg ist. Mir scheint, an der Quote festzuhalten und an den Preisen nichts zu tun, ist das Falscheste, was man tun kann, weil man ganz genau das nicht erreicht, dass man erreichen sollte, nämlich die Eingliederung in die Agrarmarktreform und etwas stärkere wettbewerbsfähige Verhältnisse einzuführen. Lassen Sie mich das kurz erklären. Es ist nämlich nicht nur eine Frage der WTO-Geschichten, sondern es ist auch eine interne Sache. Das was wir überall bemerken oder auch beobachten in der Wirtschaft ist, das die Kostenstruktur in Ordnung gebracht werden muss. Dies schaffen Sie niemals, wenn die Quote erhalten bleibt, weil wir wissen, dass selbst in Deutschland die Produktionskosten für Zuckerrüben und auch Zucker deutliche regionale Unterschiede aufweisen. Das gilt natürlich auch innerhalb der Union.

 

Wenn wir also innerhalb der Europäischen Union Allokationseffekte, das heißt Kostensenkungen und damit Wertschöpfung für den landwirtschaftlichen Sektor generieren wollen, Individuen leiden und gewinnen, aber für den Sektor insgesamt, dann müssen wir die Kosten der Zuckerproduktion runter bringen. Das können wir nicht mit Quoten, sondern das können wir nur über die Preise. Und deshalb denke ich, ist der Weg der Kommission, die Preise auch kräftiger zu senken, richtig. Wir sind übrigens weit davon entfernt Brasilien Zugang zum Markt zu verschaffen, weil dass auch durch WTOImportzölle einstweilen mit Brachialgewalt verhindert wird. Darüber, ob das gut oder schlecht ist, mag man denken wie man will. Jedenfalls sehen die Kommissionsvorschläge eine stärkere Protektion des Binnenmarktes vor, wenn es bei 20 % oder 36 % Zollsenkung bleibt. Die Preissenkung bewirkt mit der Handelbarkeit der Quote wirklich auch die Wanderung in unsere wettbewerbsfähigen Regionen und die gibt es. Da würde ich die Herren und Damen Abgeordneten ganz besonders darauf hinweisen, weil ich glaube, dass dieses eigentlich der Punkt ist, auf dem das Verhandlungskapital Deutschlands eingesetzt werden sollte. Und ich meine, die deutsche Zuckerwirtschaft, sowohl Rübenanbau und Zuckerindustrie, braucht sich hinter den Franzosen so furchtbar weit nicht zu verstecken.

 

Erstens schaffen wir dadurch Kostensenkungen und zwar in ganz erheblichem Ausmaß. Es hat mal ein Wissenschaftler 1989 geschätzt, dass allein eine Wanderung in Deutschland auf die günstigsten Standorte ein Potential von damals 640 Mio. DM also 320 Mio. Euro Kostensenkungen bewirkt, die bei konstanten Preisen natürlich als Wertschöpfung bei den Landwirten landen würden.

 

Zweitens meine ich, dass eine Preissenkung in dem Ausmaß des Vorschlags der Kommission auf 420 oder 329 Rohwert den Anreiz in den Entwicklungsländern drastisch zurückführen wird. Das ist ganz wichtig, weil die Länder jetzt in den Startlöchern stehen, unter Umständen sogar mit europäischer Zuckerindustriehilfe in die Produktion eines Wirtschaftszweiges zu gehen, in dem sie überhaupt nicht international wettbewerbsfähig sind. Mauritius ist besser bedient mit einer Direktzahlung, die nicht 100 Prozent der Exportausstattung ausmachen kann, sondern auch weniger. Ich bin überzeugt, dass die lieber diese Direktzahlungen wählen würden und auch Anreize für Exportgeschäfte, die ja immer drohend im Hintergrund stehen, sind durch Ursprungsregelung nicht zu kippen. Wenn es zur Öffnung des Weißwertmarktes kommt, steht es den Entwicklungsländern zu, Raffinationen aufzubauen und die Raffinerien können den Zucker in die Europäische Union liefern, weil das eine Ursprungsänderung von Rohzucker auf Weißzucker bewirkt. Aber auch da muss man sich bei 421 Euro die Tonne Weißwert überlegen, ob denn tatsächlich Rohzuckereinkauf, Transportkosten, Umwandlungskosten und noch einmal Transportkosten in die EU das alles schafft oder nicht.

 

Ein letztes Wort. Ich glaube, dass diese Preissenkung der Kommission sinnvoll auch im Hinblick auf das Panel ist und in überhaupt gar keiner Weise irgendein Präjudiz bedeutet. Herr Isermeyer, selbst wenn Sie sagen, wir müssen eine Zieldefinition finden, stellt sich auch dann die Frage, wie die Opportunitätskosten für eine Selbstversorgung in der Europäischen Union von 100 von 70 von 60 % sind und ob die Gesellschaft bereit ist, diese Kosten zu tragen. Ich meine diesen Abwägungsprozess können wir auch nach Durchführung des EU-Vorschlags vornehmen, weil damit allenfalls die Kostenstrukturen in Ordnung gebracht werden und unser eigenes Haus besser bestellt ist und weitere Schritte auch von der Zielsystemdiskussion und ähnlichem abhängen. Vielen Dank.

 

Dietrich Oetzel, InfoZentrum Zuckerverwender, IZZ:

 

Ja die zentrale Frage, die immer wieder gestellt wird, ist, was die zuckerverarbeitende Industrie nachher mit diesem Preisvorteil tun wird. Ich möchte gern die Fragen von Ihnen aufgreifen. So zwischen den Zeilen dringt da immer durch, na ja das sind ja alles Peanuts pro Einheit, pro Tafel Schokolade, pro Flasche Limonade, Gebäckstückchen oder sonst irgendetwas. Sicherlich kann man so argumentieren, dass es Cent-Beträge oder früher Pfennig-Beträge auch für das einzelne Produkt sind und damit wäre überhaupt nicht relevant, ob nun dieser Preis hoch oder runter geht. Ich möchte dem mal ganz entschieden widersprechen, denn wenn wir diese Beträge mal hochrechnen und wenn wir uns deutlich machen, über welche Werte wir dort eigentlich sprechen, sind es ganz erhebliche Summen. Sie haben vorhin konkret gefragt, wie viel denn an Zucker in Deutschland in diesem Sektor eingesetzt wird. Wenn wir von einer Produktion von 3,4 Mio. Tonnen A- und B-Zucker ausgehen, 80 % hiervon. Also spreche ich über rund 2,7 Mio. Tonnen, die verarbeitet werden. D. h. es sind ganz erhebliche Beträge. Wenn wir über eine entsprechende Marktpreisabsenkung runter auf 421 Euro, diese Zahl mal angenommen, reden, dann sprechen wir auf EU-Niveau über Milliardenbeträge, die dort zur Verfügung stehen und es sind halt keine Peanuts, um bei diesem Unwort zu bleiben. Auch wenn Sie sagten, na ja bei der Getreidepreissenkung haben wir bei dem Bäcker auch nichts erfahren, sind die Preiskalkulationen hier nun mal etwas schwieriger und aus einer ganzen Reihe von Preisfaktoren zusammengesetzt. Es ist halt nicht nur der Rohstoff Zucker, sondern der Kakao, die Arbeits-, die Lohnkosten usw. und damit ist es eine relevante Größe.

 

Wenn wir uns in Deutschland die Handelslandschaft ansehen, wissen Sie als Konsumenten, wissen Sie als Politiker die Situation des deutschen Handels sehr genau einzuschätzen. Die Margen, die dort verdient werden, sowohl im Lebensmittelhandel als auch bei den produzierenden Betrieben als auch im Handel selber, ich meine jetzt Edeka, Lidl oder Aldi, Rewe oder wen auch immer dieser Welt, diese Margen sind sehr klein und der Wettbewerb in diesem Sektor funktioniert und wir haben einen sehr starken und ausgeprägten Wettbewerb. Wir würden uns sicherlich auch Margen im Bereich von 4, 5, 6, 7 % wie in England in diesem Sektor wünschen. Das ist aber nicht der Fall. Die Margen im Handel hier in Deutschland liegen bei 0,8 % im Schnitt oder niedriger, siehe Karstadt. Die Margen in unserem Sektor liegen auch vergleichbar wesentlich niedriger. Der oft zitierte Mars-Riegel in Brasilien wird übrigens aus Nordamerika importiert und ist auf Grund der Importzölle preislich viel zu hoch einzustufen. Das ist also ein Beispiel, was nicht zählen kann. Warum die Flasche Coca-Cola dort so teuer ist, ich weiß es nicht. Wir haben hier einen entsprechenden funktionierenden Wettbewerb und Sie können davon ausgehen, dass sowohl bei Haushaltszucker als auch bei der Fertigware dieser Wettbewerb funktionieren wird. Wenn Sie reingehen in unsere schriftlichen Antworten, werden Sie also sehen, dass selbst bei einer Preisüberwälzung von nur 10 bis 20 % in der zuckerverarbeitenden Lebensmittelwirtschaft der EU-Verbraucher mit 400 bis 700 Mio. Euro entlastet würde und das sind halt keine Peanuts.

 

Gut, das war es zu dem Thema. Die Frage nach den 400.000 Beschäftigten habe ich nicht ganz richtig verstanden. In der schriftlichen Antwort haben wir dort unterteilt, das sind also 250.000 Beschäftigte im IZZ-Bereich, und das sind 400 in 3.000 Betrieben und es sind 400.000 Beschäftigte in allen zuckerverarbeitenden Bereichen. Dann der letzte Punkt Exporterstattung. Natürlich haben wir selbst bei den Doha-Verhandlungen und generell WTO-Verhandlungen in anderen Positionen mit gearbeitet und man weiß, wie kritisch dieser Punkt Exporterstattung in den WTO-Verhandlungen immer wieder hoch gekommen ist und eigentlich bräuchten wir keine Exporterstattung. Wir können auf diesen ich sage mal ganz salopp – diesen Juckepunkt in den WTO-Verhandlungen verzichten. Für uns ist die Exporterstattung nur, ich sage nur, ein Nachteilsausgleich für die zu hohen internen Marktpreise oder Rohstoffpreise und dort vor allen Dingen für Zucker. Wenn diese Preise auch auf Weltmarktpreis abgesenkt würden, und da wird sicherlich gleich der Protestschrei kommen, dann bräuchten wir überhaupt gar keine Exporterstattung. Mit Exporterstattung müssen wir weiter leben, so lange die Preise nicht entsprechend reduziert werden und wenn diese Exporterstattungen wegfallen und der Zuckerpreis auf dem hohen Niveau bleibt, würde es ganz erhebliche Probleme in unserem Industriesektor geben, weil immerhin 10 bis 12 % der Produkte exportiert werden und auch das sind keine Peanuts, das sind Arbeitsplätze, die es gilt zu verteidigen. Last not least, der wirklich letzte Punkt dann, bitte?

 

Abg. Norbert Schindler:

 

Sehen Sie keine Nachteile deswegen bei der Exporterstattung? Sie stellen hier ein Szenarium in den Raum, das es bisher noch nicht gegeben hat. Bis jetzt waren sie nicht mit Nachteilen belegt. Sie waren geschützt durch die Exporterstattung.

 

Dietrich Oetzel, IZZ:

 

Das ist nicht richtig. Die Exporterstattungen sind, das wissen Sie ja selber, im Nicht-Anhang-1-Bereich von annähernd einer Milliarde auf mittlerweile 420 Millionen runter gegangen, es finden ständig Kürzungen statt. Wir wollen jetzt nicht in die Details einsteigen, aber es ist heute kein vollständiger Nachteilsausgleich mehr. Letzter Punkt ganz schnell noch. Sie haben vorhin gefragt, wie viel eigentlich der Kostenfaktor Zucker in den einzelnen Produkten bedeutet. Wenn ich eine Tafel Preiseinstiegsschokolade nehme, dann sind das rund 10 % am Verkaufspreis, 15 % an den Produktionskosten. Bei Fruchtgummi 15 % bzw. 20 %, bei Dragees 35 %, Produktionskosten 40 %, Erfrischungsgetränke im Schnitt 25 % am Verkaufspreis, Fruchtzuckerzubereitung in Milcherzeugnissen rund 30 %. Also es sind relevante Kostenfaktoren. Die kann man nicht vernachlässigen. Danke.

 

Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Gut, wir fangen jetzt keine Diskussion um dicke Kinder an. Also, herzlichen Dank. Herr Dietrich weiter.

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Markus Dietrich, NGG:

 

Ich wurde zwar nicht direkt angesprochen, aber ich möchte doch kurz auf die Fragen von Herrn Herzog eingehen, die, so habe ich es verstanden, allgemein gestellt wurden. Zur Isoglocose habe ich in meinen mündlichen Ausführungen keine Stellungnahme abgegeben, weil ich die schriftliche Ausarbeitung nicht wiederholen wollte. Ganz kurz, für uns ist es nicht nachvollziehbar, warum man die Quote senkt und gleichzeitig Isoglocose anhebt.

 

Die Frage der Vorfestlegung – ich will jetzt nicht noch mal diesen Mengen- und Preiszyklus wiederholen, sondern zwei Sätze zur Preisbildung sagen. Es ist weltweit im Zuckermarkt kein freies Spiel der Kräfte vorhanden und wir halten es für nicht legitim, dass man im Grunde genommen bei Verhandlungen internationaler Art im Vorgriff in Vorleistungen geht und diese, ich sage mal salopp, nicht tarifäres Handlungshemmnis oder versteckte Subvention oder auch Monopolanbieter, was es ja auch gibt, nicht berücksichtigt.

 

Die dritte Frage war die Datenlage. Ich halte sie für nicht schlecht. Da möchte ich mich dem Herrn Ostendorff anschließen. Wir haben ja schon öfter über die Zuckermarktordnung geredet. Ich verweise auch auf den Bericht des Europäischen Rechnungshofes. Zahlenmaterial liegt vor. Eine sehr gute Datenlage kann man auch über die Lebensmittelzeitung erlangen und ganz besonders möchte ich erinnern an den 30. Januar, wo der Verband der Deutschen Süßwarenindustrie noch einmal hervorgehoben hat, dass 80 % der Exporte in die EU-Länder gehen und auch noch einmal kräftig gestiegen sind. Die Zahlen sind sehr imposant.

 

Sie fragen mich, wo da die Wettbewerbsverzerrungen sind. Was mich natürlich jetzt auch noch ein bisschen bewegt, ist, was ich eingangs sagte. Das möchte ich noch einmal aufgreifen. Ich befürchte Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der zuckerverarbeitenden Industrie. Der Spielraum – ich wiederhole – wird größer und es werden kleine und mittlere Unternehmen bei den Verhandlungen in Rückstand geraten und dort sind unserer Meinung nach Arbeitsplätze gefährdet. Ein Wettbewerb findet zwischen Handel und Lebensmittelindustrie schon lange nicht mehr statt, auch das war schon öfters Gegenstand von Anhörungen und zahlreichen Gesprächen. Wir haben es mit einer Nachfragemacht des Handels zu tun und auch die Süßwarenindustrie ist in der Vergangenheit mehrmals Opfer dieser Nachfragemacht geworden. Ich frage mich, ob so ein Szenarium nicht auch möglich ist, selbst wenn es zu keiner Wettbewerbsverzerrung innerhalb der zuckerverarbeitenden Industrie kommt und ob man sich dann nicht die Situation vorstellen könnte, dass diese Preisnachlässe an den Handel weitergereicht werden, der die Produkte dann unter Einstandspreis verschleudert, der Marken und Handelsmarken gegeneinander ausspielt. Und dann frage ich mich, wenn dieses Szenarium eintritt, ob wir das wollen. Ich denke nicht. Ich möchte betonen, dies sollte vermieden werden. Herzlichen Dank.

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Peggy Fowler, OXFAM:

 

Ja vielen Dank. Ich möchte ganz kurz noch einmal auf zwei Punkte zurückkommen, die angesprochen wurden. Das erste Mal ging es natürlich um den gesunden Menschenverstand, also das man den einsetzen muss. Wir fangen nicht bei Null an, es gibt Gewinner und Verlierer. Wir verstehen natürlich, dass das Regime oder die Marktordnung verändert werden muss. Es gibt viele Faktoren, die hier eine Rolle spielen. Das haben wir gehört und deswegen hat OXFAM einen sehr pragmatischen Ansatz verfolgt bei der Formulierung der politischen Vorschläge.

 

Wir erkennen zwar an, dass es hier Preissenkungen geben wird bei diesen Reformen, aber in erster Linie geht es natürlich bei der Verfolgung der entwicklungspolitischen Ziele darum, dass man sich auch auf die Quoten konzentriert und hier ein stringenteres Quotensystem einführt, das dazu führt, dass Exportdumping abgeschafft wird und den Marktzugang der ärmsten Ländern verbessert und die AKP-Staaten stärkt, die in einem Wettbewerbsumfeld überleben können und auch Hilfspakete für die weniger gut aufgestellten Länder bereitstellt. Noch eine Hinzufügung. Wir haben detailliert aufgelistet, wie wir denken, dass das Quotensystem überarbeitet werden sollte und welche Senkungen durchgeführt werden sollten und wie diese Quotenveränderungen unter den unterschiedlichen Entwicklungsländern aufgeteilt werden sollten, wo z. B. LDC´s mit Produktionspotential und Exportkapazität verbunden sind und wo Restriktionen festgelegt werden, z. B. für bestimmte andere Maßnahmen. Also das haben wir auch noch formuliert. Das wollte ich hinzufügen.

 

Ein anderes Thema, was man hier in diesem Zusammenhang immer hört – die Umweltaspekte in diesen Entwicklungsländern. Sehr viele Menschen haben hier Bedenken geäußert und OXFAM macht sich natürlich auch große Sorgen darum, aber wir denken folgendes:

 

Hier kann man dieses Thema nicht allein durch Handelsmaßnahmen angehen, sondern man muss Anreizstrukturen bereitstellen, damit diese Länder auch wirklich bessere umweltpolitische Bedingungen schaffen. Handel allein ist keine Lösung. Wir haben sehr viel Arbeit geleistet in Mocambique und Sambia. Hier haben wir mit sehr einkommensschwachen Arbeitnehmern in Zuckerraffinerien in Mocambique gesprochen und die haben uns gesagt, wir würden es gerne sehen, dass die Lebensbedingungen besser werden oder die Arbeitsbedingungen besser wären, wir hätten natürlich gerne ein sehr viel höheres Gehalt, aber wir wissen unseren Job auch sehr gut zu schätzen. Wir haben keine Alternative in unserer Familie. Das Einkommen ist niedrig, aber es ist unheimlich wichtig. Die Gewerkschaften, die in dem Zuckersektor in diesen Ländern aktiv sind, sagen auch ganz klar, selbstverständlich wollen wir Arbeitsbedingungen fördern, aber wir wollen auch gleichzeitig Arbeitsplätze sichern und mehr Arbeitsplätze schaffen. Wir denken also, dass es gefährlich ist, wenn man den Leuten auf Grund schlechter Umweltstandards und schlechten gesellschaftlichen Standards die volle Auslastung ihrer Kapazität verwehrt, sondern wir müssen sie mit langfristigen Perspektiven für die Zuckerindustrie versorgen. Wir unterstützen auch Handelsmaßnahmen durch Anreizmechanismen, so dass zusätzlicher Quotenzugang für arme Länder bereitgestellt werden könnte, die sich an internationale Arbeitsstandards halten. Natürlich ist es immer eine heikle Frage, wer der Richter ist, ob diese Arbeitsstandards jetzt erfüllt werden. Wie wir ja alle wissen, stehen die Entwicklungsländer in der Welthandelsorganisation dem Thema der Arbeitsschutzmaßnahmen mit einem gewissen Misstrauen gegenüber, dass sie das manchmal auch als Feigenblatt für Protektionismus sehen, aber ich denke, dass ist eine wichtige Maßnahme. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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Dr. Hans-Jörg Gebhardt, WVZ:

 

Warum der Vorschlag von Fischler, warum zu diesem Zeitpunkt, war das notwendig? Bekannt ist ja, dass Herr Fischler als Agrarkommissar seinen Ausstieg, seinen Abschied erklärt hat und vielleicht wollte er einfach noch einmal auf der Weltbühne für sich ein Zeichen setzen, dass ihn heraushebt als denjenigen der die Welthandelsgespräche, die ja ziemlich ins Stocken geraten waren, wieder vorantreibt. Prädestiniert als einer, der voranmarschiert ist gegen andere, die nichts getan haben. Das ist die eine Seite und die andere ist die, die auch angesprochen wurde:

 

Zucker ist der letzte Bereich, der noch nicht angegangen wurde. Das Komische ist, das dies auch der einzige Bereich der Landwirtschaft ist, der von den Betrieben noch werthaltig geführt werden kann, wo die Betriebe noch ein Einkommen verdienen. Nun kann man sich fragen, ob das durch die Reform dann entsprechend so bleibt oder vielleicht noch besser wird. Das zum Thema Fischler.

 

Die andere Frage war die Wertschöpfung oder der Produktionswert des Zuckers in Deutschland. Der Zuckerproduktionswert wird auf ca. 1,3 Milliarden Euro definiert. In der gegenwärtigen Phase zieht daraus die Landwirtschaft eine Wertschöpfung von 580 Mio. Euro. In der ersten Stufe – so sind unsere Berechnungen - wären 50 % dieser Wertschöpfung weg. In der zweiten Stufe mit der massiven Preissenkung würde gerade noch der Produktionswert den Produktionskosten entsprechen und damit wäre die Wertschöpfung Null in diesem Bereich. Herr Dietrich hat ja schon kurz geantwortet auf die Frage, wie die Rohstoffkosten für Zucker für die zuckerverarbeitende Süßwarenindustrie sind und Herr Oetzel hat ja von einigen Produkten große zweistellige Prozentzahlen genannt. Fakt ist, wenn wir zu den Daten kommen, und da er die Kommission zitiert hat mit dem Rechnungshofsbericht mit 6,5 Milliarden Einsparpotential, muss er auch die andere Zahl zur Kenntnis nehmen, die sagt, laut Kommission sind lediglich 5 % des Einkaufswerts für Zucker der Anteil am Endproduktpreis für den Verbraucher in der Summe. 5 % mit sinkender Tendenz. Zum anderen ist es so, dass die zuckerverarbeitende Industrie wie gesagt den überwiegenden Teil der Exporte innergemeinschaftlich macht, aber das auch der Schutz dieses Wirtschaftsbereichs durch die Einfuhrzölle ja gegeben ist.

 

Insofern hat die Süßwarenindustrie in den vergangenen Jahren nicht schlecht mit der Zuckermarktordnung gelebt und das merken insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe und es ist erstaunlich, dass genau diese jetzt in wachsender Zahl zumindest noch hinter vorgehaltener Hand sagen, na ja dann kann es doch für uns eher schwieriger werden, wenn wir dieses alles wegräumen.

 

Herr Graefe zu Baringdorf, Sie sind kein großer Freund der Zuckerindustrie, aber Freund der Rübenbauer doch wohl und da muss ich Sie vielleicht noch mit einer Zahl aufklären. Die Europäische Zuckerindustrie gehört mittlerweile zu ¾ den Rübenanbauern. Das sind in der großen Zahl Genossenschaften, und wenn diese Genossen ihre Arbeit und ihre Verantwortung richtig sehen, dann glaube ich schon, dass Sie wissen, wie das Geld dort verteilt werden muss und niemand ist mehr daran interessiert, dass die Zuckerindustrie eine stabile Position behält, so wie sie sie jetzt hat, weil nur dadurch auch die Rübenbauern ein entsprechendes Einkommen ziehen können. Vielen Dank.

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Dr. Rudolf Buntzel-Cano, EED:

 

Herzlichen Dank Frau Vorsitzende. Ich möchte gern zu den Fragen von Herrn Herzog und Herrn Ostendorff Stellung beziehen. Zu dem Mengengerüst aus Entwicklungsländerperspektive:

 

Es stimmt, natürlich haben Zollkontingente bestimmte Nachteile. Herr Fischler ist ja nicht auf den Vorschlag der LDCs eingegangen, also EBA 10 Jahre zu verschieben auf 2019 mit dem Argument, ein Mauritius reicht. Wofür steht denn dieses Stichwort Mauritius? Natürlich für ein Land, dass über hundert Jahre unter diesem Präferenzhandel Strukturen aufgebaut hat, die sehr ineffizient und teuer sind. Nicht nur Mauritius, sondern auch für die anderen großen Profiteure des Zuckerprotokolls, wie Jamaika, Fidschi und Guyana, gilt das Ähnliche. Also diese Länder sind absolut Hochkostenproduzenten und hätten also unter anderen Bedingungen als unter dem speziellen Zugang zu einem sehr geschützten europäischen Markt keine Chance. Aber immer wieder werden hier verschiedene Länder durcheinander geschmissen. Ich meine, dass sind zu 80 % die eigentlichen Profiteure von dem Zuckerprotokoll. Wenn wir über die LDC´s reden, sind die zwar auch zum großen Teil Mitglied im AKP, haben aber so gut wie gar keine Quoten bekommen. Es sind vor allem die ost- und südafrikanischen Länder, die ein sehr hohes Zuckerpotential haben. Das ist erst einmal die große Ungerechtigkeit, dass sie nicht berücksichtigt worden sind und zweitens würden diese Länder jetzt von EBA profitieren. Wenn es also kein Mengengerüst gebe für sie, dann würden sie also auf jeden Fall wettbewerbsfähig sein. Swaziland gehört zu beiden Gruppen, aber die anderen, selbst Malawi, das ist eins der ärmsten Länder dieser Welt, oder Sambia ist wettbewerbsfähig natürlich unter der Bedingung, dass sie neue Strukturen aufbauen. Sie haben bisher wenig Zucker, aber der Zucker, den sie produzieren, ist recht kostengünstig. Das zeigen Fallstudien aus diesen Ländern. D. h., wenn sie nicht in ein Mengengerüst eingebunden werden, würden sie auf jeden Fall auch expandieren, nur wahrscheinlich unter extremen Bedingungen, nämlich einer Landnahme, die auf Kosten der einheimischen Nahrungsmittelproduktion geht, auf Kosten wahrscheinlich der biologischen Vielfalt der Kleinbauern. Sie werden auf jeden Fall expandieren. Jetzt ist die Frage, wie wir das in vernünftige Bahnen lenken könnten und dafür sind die Zollkontingente, die sie ja selbst angeboten haben, um auf ihren vollen freien Marktzugang zu verzichten, ein geeignetes Instrument in einer Übergangszeit, ich betone in einer Übergangszeit. Hier ist die Verhandlungsmacht der dortigen Regierung gegenüber dem multinationalen Konzern, vor allem sind es dort südafrikanische, und auch den Mauritiuszuckerkonglomerat zu stärken, damit sie den Aufbau dieser neuen Zuckerindustrie nicht nur wettbewerbsfähig, was es sowieso ist, gestalten, sondern gleichzeitig auch sozial und ökologisch angemessen. Deswegen ist das für uns der Hauptgrund, weswegen wir sagen, im Übergang muss ein Mengengerüst her. Dann kann man darüber streiten, ob der Übergang bis zum Jahre 2019 währen soll, wie die LDCs das selbst vorgeschlagen haben oder bis zum Jahre 2013.

 

Es gibt noch einige andere Vorteile von einem Mengengerüst als nur die Verbindung mit den Standards. Es ist eine Infant-Industrie und sie hat einen speziellen Schutz unter der WTO. D. h. also, ein solcher Schutz des Mengengerüsts wäre WTO-konform und es stellt einen Automatismus eines Ressourcentransfers her, der anderweitig nicht gegeben ist, um diesen Ländern zu helfen.

 

Da möchte ich kurz auf Herrn Schindler eingehen, der sagte, also die deutschen Bauern hätten über die Finanzierung der Reexporte des AKP-Zuckers Entwicklungshilfe geleistet. Das ist natürlich nicht so, Herr Schindler. Als Großbritannien in die EU kam, war Großbritanniens Markt total versorgt von den AKP-Länder, diese berühmten 1,6 Millionen Tonnen. Diese Importe haben wir übernommen, aber statt das wir den Markt in Großbritannien auch den ursprünglichen Produzenten weiter gelassen haben, hatte der Rest der europäischen Zuckerwirtschaft um 1,6 Mio. Tonnen aufgestockt und dafür diesen Zucker wieder reexportiert. Das heißt also, wir haben uns das angeeignet, das waren ursprüngliche Märkte. Genauso ist es ja mit den Präferenzen für Kuba und Brasilien, die nach Finnland geliefert haben. Also wir können nicht sagen, dass ist eine Entwicklungshilfe, die wir hier leisten, sondern das ist meiner Ansicht nach eine Frechheit dadurch, dass wir zu einer bestimmten Zeit einfach unsere Quoten hier erhöht haben, obwohl wir wussten, dass das überhaupt gar keinen Sinn macht. Und deswegen denke ich, ist es auch wichtig, dass wir hier ein vernünftiges entwicklungspolitisches Konzept zu Grunde legen, um zu sehen, wie wir aus diesem Dilemma, das wir uns mit dem Zuckerprotokoll und auch mit EBA selbst eingebrockt haben so raus kommen, dass wir auch unseren Beitrag dazu leisten, dass in den Entwicklungsländern vernünftige Strukturen entstehen.

 

Mit den AKP-Ländern haben wir das Zuckerprotokoll bis auf ewig ja im Artikel 1. Das kann nur gekündigt werden, dass ist das Problem, unter sehr restriktiven Bedingungen oder überführt werden in andere, d. h. es bedarf eines großen Verhandlungsgeschicks. Dieses Verhandlungsgeschick haben wir nur, wenn wir den AKP-Ländern auch etwas anzubieten haben. Was haben wir ihnen anzubieten? Vielleicht Handelspräferenzen in ein paar anderen Bereichen, anstelle von Zucker, z. B. bei Kaba oder so. Aber das primäre, was wir natürlich zu bieten haben, sind Hilfen für einen Übergang. Wo kommt dieses Geld her? Da möchte ich noch einmal wiederholen, dass es ganz arg wichtig ist, dass das Geld was bisher in den Reexport von AKP-Zucker gegangen ist, jetzt nicht einfach für die Finanzierung von irgendwelchen Übergangshilfen hier im Inland für die reformierte Zuckermarktordnung geschluckt wird, sondern das muss sozusagen einem Herauskauf und einem vernünftigen Aktionsprogramm für die AKP-Länder zur Verfügung stehen.

 

Und als Letztes möchte ich noch einmal sagen, dass Quoten mit bestimmten ökologischen und sozialen Bedingungen zu vergeben im Trend ist. Sie wissen vielleicht, dass die EU-Kommission jetzt gerade ein General System of Preference plus aufgelegt hat. Es werden nun also auch in anderen Bereichen zusätzliche Marktzugänge vergeben an Entwicklungsländer, wenn bestimmte ökologische und soziale Auflagen erfüllt werden. Das ist zwar noch nicht ganz WTO-konform, aber es wird mit Sicherheit akzeptiert. Also das ist eine Argumentationsschiene, die wir sehr gut fahren können.

 

Abg. Norbert Schindler:

 

Ja Herr Buntzel-Cano, nur dass das auch noch einmal von mir klar gestellt wird. Als die Maggie Thatcher damals unterwegs war in diesem Kompromiss hat Deutschland damals die Nettozahlungen zu Gunsten von Großbritannien um 2 Milliarden DM erhöht. Die stehen heute noch und politisch bekamen wir die AKP-Geschichte voll auf die Landwirtschaft aufgerechnet. Der Pakt der mit Großbritannien geschlossen wurde, inklusive der Zuckerquote war ein Gesamtpaket, was speziell Deutschland heute noch Geld kostet; nur trockene Feststellung. Und wenn dann innerhalb der Europäischen Union ein anderer Kompromiss herauskommt, lass ich ihn mir von Ihnen so nicht aufrechnen. Tut mir leid. Bis jetzt hatten wir eigentlich 80 bis 90 % Übereinstimmung in den gegenseitigen Auffassungen, aber in dem Punkt nicht. Im Politikum werden wir mitgenommen und die EU-Kommission rechnet uns die Kosten da hoch und das war u. a. angeblich auch Anlass für Fischlers Vorschläge. Da werden wir in Haftung genommen. Wir sage ich jetzt, die europäischen Rübenanbauer, bei dem Punkt. Beim Sozialtransfer über den hohen Preis, geht es ja nicht nur um die AKPs. Was wir jetzt mit den anderen Ländern noch drauf haben, hat doch schon christliche Weltanschauung, den anderen zu helfen, mit dem hat es was zu tun, aber wir Bauern kriegen es angerechnet, politisch jedenfalls ganz massiv.

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Prof. Folkhard Isermeyer, FAL:

 

Frau Vorsitzende, ich bin von den meisten Rednern angesprochen worden, ich sehe, dass die Uhr vorantickt, ich werde versuchen, es so kurz wie möglich zu machen.

 

Zunächst hatte Herr Herzog nicht nur mich, sondern die ganze Runde noch einmal nach dem Datengerüst gefragt und insbesondere ging es dabei ja um die internationalen Produktionskosten.

 

Soweit ich das sehe, gibt es nur sehr vereinzelt Fallstudien zu einzelnen Ländern. Insbesondere möchte ich hinweisen auf Arbeiten von Zeddies und Zimmermann aus Hohenheim, in denen Zuckerrohrproduktionen in Südafrika, in Indien, in Thailand und in Brasilien allesamt auf eine Größenordnung von um die 200 vielleicht 250 Euro pro Tonne eingestuft worden sind. Selbst das Zuckerrohr in den USA, die ja sowohl Rübe als auch Rohr haben, liegt in der Größenordnung von 400 Euro pro Tonne. Vor diesem Hintergrund habe ich mich nur gewundert, dass die EU-Kommission davon ausgeht, dass eine ganze Reihe von Zuckerrohr produzierenden Ländern offensichtlich weit über 600 Euro pro Tonne Vollkosten haben sollen. Das reimt sich nicht so recht zusammen. Die EU-Kommission sagt, da sind vielleicht noch 100 Euro inländische Transportkosten aus entlegenen Lagen bis an die Küste, dass kann es aber nicht ganz erklären. Ich kann es mir eigentlich nur so erklären, dass in diesen Ländern, die von der EU-Kommission als sehr teure Produzenten ausgewiesen werden, sehr kleinbetriebliche Strukturen vorhanden sind. In diesen kleinbetrieblichen Strukturen hängt es natürlich sehr davon ab, wie sie die Arbeitskraft bewerten. Ob sie sie mit 50 Cent pro Stunde oder mit 70 Cent pro Stunde anrechnen, macht die Kosten sehr hoch oder sehr niedrig. Nur geht es ja nachher darum, wann steigen diese Länder aus und da zeigen unsere Erfahrungen, die ich nur vom Bereich Milch oder Ölsaaten auf den Zucker übertragen kann, denn da verfüge ich nicht über eigene Erfahrungen, dass diese EU-Zahlen die Wettbewerbsfähigkeit der Drittweltländer tendenziell wohl unterschätzen. Ich denke, dass wir an der Stelle selbst dann, wenn die Zahlen als Zahlen in den Raum gestellt werden, uns noch nicht zufrieden geben können, denn es geht ja nicht darum wie hoch Durchschnittskosten heute sind, sondern wie diese Kosten sich bei einer veränderten politischen Situation verändern würden. Wir haben ja Anpassungsreaktionen, darauf haben ja schon verschiedene Redner hingewiesen. Das vermögen wir im Augenblick nicht zu analysieren, aber ich denke, wir befinden uns alle miteinander in einem Blindflug in die Globalisierung, wenn wir da nicht etwas mehr wissenschaftlichen Diskurs und Klarheit in diese Kostendiskussion hineinbringen.

 

Frau Mortler hatte dann die Frage gestellt, ob ich diese Strategie „Fit machen für den Wettbewerb“ noch einmal erörtern könnte. Ich schätze es so ein, dass Europa sich auf Dauer im Agrarbereich nicht einbunkern kann, d. h. wir haben nur die Möglichkeit, in einem schrittweisen Prozess unsere Landwirtschaft wirklich fit zu machen für den Wettbewerb, indem wir sie möglichst mit marktorientierten Signalen versorgen und die Einkommensstützung über andere Prozesse vornehmen, soweit d´accord. Das wird bei den allermeisten Produktionszweigen der Landwirtschaft dazu führen, dass sich die europäischen Produktionskosten nach unten und sich die Weltmarktpreise nach oben bewegen. Ein ganz eklatanter Fall ist in dieser Hinsicht der Milchmarkt, wo wir natürlich einzelne Produzenten weltweit haben, die sehr günstig und sehr preiswert produzieren können, aber die können nicht die ganze Welt versorgen. Deswegen zeigen alle Studien, dass uns bei einer Liberalisierung die Weltmarktpreise entgegenkommen würden. Dann verlieren wir in einer hypothetischen Freihandelssituation möglicherweise 10 oder 20 % Selbstversorgungsgrad, aber wir haben eine Landung, mit der wir leben können. Und bei Zucker wage ich dieses im Augenblick angesichts der mir vorliegenden Daten und Analyselage zu bezweifeln. Denn wenn ich überlege, was denn eine Liberalisierung bei Zucker letztlich hervorbringen könnte, sehe ich, dass Brasilien einfach nur von der Mengenkonstruktion her durch das Umlegen des Hahnes raus aus der Kraftstoff- rein in den Zuckerbereich praktisch seine Produktion verdoppeln kann, und, ich selbst habe mir das vor Ort angeschaut, durch eine weitere Expansion der Fläche, die problemlos möglich ist, zu lasten von Soja oder anderen Früchten locker die Zuckerrübenproduktion der Welt auskonkurrieren könnte.

 

Wir haben bei Zuckerrübe und Zuckerrohr ein ganz spezielles Wettbewerbsverhältnis. Es geht nicht nur um die landwirtschaftlichen Produktionskosten, sondern auch um die Verarbeitungskosten, sie haben da bei Zuckerrohr auch tendenziell Vorteile, längere Kampagnendauer und vieles mehr. Und deswegen stelle ich mir die Frage, ob es ein sinnvolles Szenario sein kann, an diesen ersten Schritt Zuckermarktreform dann hinten noch weitere Schritte anzuknüpfen, die nachher in den Freihandel münden sollen. Es gibt eine gute Chance, dass dann ein Freihandel ohne europäische Zuckerrübenproduktion stattfindet. Ob das jetzt ein wünschenswertes Szenario ist oder nicht, dazu kann und will ich nichts sagen, da muss ich wirklich dann den Ball zurückspielen an die Politik. Da gibt es dann zwei Antwortmöglichkeiten entweder das ist ein wünschenswertes Szenario oder es ist keins.

 

Ich glaube, dass der Weltmarktpreis für Zucker, nachdem was ich bisher dazu gelesen habe in einem Freihandelsszenario nicht nachhaltig über 300 Euro pro Tonne zu liegen kommt und ich sehe nicht, wie europäische Produzenten da auf Dauer mithalten können und deswegen komme ich eben zu diesem Ergebnis.

 

Wenn man, und das ist jetzt wirklich eine Wenn-Dann-Aussage, wenn man sagt, die Zuckerrübe soll hier dauerhaft erhalten bleiben, dann ist es für mich eine sinnvolle politische Strategie zunächst mal zu gucken, wie kriege ich das hin und das aller Wichtigste ist dann eine Allianz. Dann muss ich das in der WTO absichern, ansonsten führt allein das EBA-Abkommen dazu, dass ich langfristig nicht Erfolg habe. Und wenn ich diese Allianz herbeiführen will, dann muss ich erst einmal mit den Partnerländern, mit meinen Bündnispartnern reden, und muss gucken, was die für Vorstellungen haben und dann ist es nicht unbedingt geschickt im allerersten Schritt gleich mal die Preise so runter zu nehmen, dass ein ganzer Teil der Bündnispartner sagt Dankeschön, aber sorry wir steigen hier aus. Das ist also eine Frage eines schrittweisen strategischen Vorgehens, was sich ableitet aus einer politischen Zieldiskussion. Im weiteren Verlauf und da möchte ich jetzt anknüpfen an den Kollegen Schmidt und seinen Einwurf, muss man allerdings realistischer Weise sehen, dass man auch bei Zucker um Preissenkungen nicht herum kommen wird, davon bin ich fest überzeugt. Wir können auch die europäische Zuckerwirtschaft nicht ewig in einer defensiven Position einmauern, dazu ist die Findigkeit des Handels letztlich über Kreislaufwirtschaft dann doch in diesen extrem attraktiven Markt Ware einzuschleusen oder auch die Lebensmitteltechnologie, die ja mit Zuckerersatzstoffen noch weitere Fortschritte erzielen kann, einfach zu groß. Auf Dauer können wir diese hohen Preise, das ist jedenfalls meine Einschätzung, nicht halten und wir müssen auch sehen, dass wir durch Quotenhandel in der EU grenzüberschreitend die europäische Zuckerwirtschaft wettbewerbsfähiger machen. D. h. auf Dauer werden wir wohl gar keine Alternative haben, als zwar abgesichert aber eben doch möglichst nah am Markt den Zuckeranbau zu organisieren. Nur wir müssen erst einmal gucken, ob wir diese weltweite Allianz zustande bringen, das ist für mich der allererste Schritt. Deswegen komme ich zu meiner Politikempfehlung. Ob das dann überhaupt eine realistische Strategie ist, wie Herr Goldmann oder auch Frau Mortler gefragt haben, das mögen vielleicht die beurteilen, die sich in der WTO-Rechtstexten besser auskennen, als ich das kann. Nach meiner Wahrnehmung ist es so, dass in der WTO letztlich Verhandlungsergebnisse erzielt werden und dazu müssen Interessen auf den Tisch gelegt und abgeglichen werden. Dann ist es einfach so, dass ein Niedergang der Europäischen Zuckermarktordnung den LDC´s den Ast absägen würde, auf dem sie gerade eben sitzen und deswegen ist es ein Interesse und deswegen haben sie ja angeboten mit diesem tariff-rate quotas hier zumindest vorübergehend zeitweilig ein umfassenden Mengengerüst aufzubauen.

 

Herr Priesmeier fragte dann, ob das möglicherweise dazu führen könnte, dass man denen dann europäische Quote gibt. Wir diskutieren hier schon rein rechtssystematisch, über zwei verschiedene Bereiche. Das eine ist die WTO, die allgemeine Zollregeln und auch die Möglichkeit der tariff-rate quotas vorsieht, wo man Importfenster länderspezifisch verhandeln kann, dass andere ist dann die interne Umsetzung einer Zuckermarktordnung in der Europäischen Union, was nur funktionieren kann mit einer Zuckermarktordnung. Ich glaube, dass sind wirklich zwei verschiedene Rechtsbereiche, die man nicht vermischen kann.

 

Abschließend zu Herrn Schindler, Sie hatten gefragt, wenn der Fischler-Vorschlag dazu führt, dass letztlich über Kreislaufgeschäfte und dergleichen mehr Menge herein geschwemmt wird und der Preis dann herabsinkt, weil wir keine Intervention mehr haben, wie ist denn das zu beurteilen. Also das ist ja eigentlich in zwei Teilfragen zu zerlegen. Die erste Frage:

 

Gibt es überhaupt Kreislaufgeschäfte? Ich denke, die Kontrolle wird außerordentlich schwierig sein, wenn man die ökonomischen Anreize bedenkt, d. h. die Gefahr, dass das LDC-Abkommen uns über Kreislaufgeschäfte hier den Zuckermarkt überfüllt, ist sehr hoch, und deswegen plädiere ich klar für eine umfassende Mengenregelung, denn ein Kreislaufgeschäft, kommt ja dann in Gang, wenn ich die Menge nicht in irgendeiner Form begrenze und nach oben den Zugang offen halte. Wenn der Preis dann tatsächlich so stark unter Druck gerät, weil eben keine Intervention mehr da ist, dann bleibt tatsachlich nur vorübergehend kurzfristig der Bereich der Lagerhaltung, aber das hilft nicht lange, weil ihnen die Lager überlaufen. Sie müssen dann eine inferiore Verwertung als Biogas, Ethanol oder was auch immer anstreben. Eine Intervention bringt für mein Dafürhalten dann wenig, denn wir müssen uns vorbereiten auf eine Zeit, wo wir keine Exporterstattung mehr anwenden dürfen und dann bringt es auch nichts mit staatlichen Interventionslagern zu operieren. Wir müssen dann tatsächlich die Mengenbegrenzung noch stärker vornehmen als es bisher der Fall war. Kurzum, ich glaube, wenn man die Zuckerrübe in der EU erhalten will und ich will das aus meiner Sicht als offene Frage darstellen, dann sehe ich keine realistische Alternative zu einer multilateralen Vereinbarung in der WTO. Dankeschön.

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Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

So jetzt haben wir es fast 14.00 Uhr und sind eigentlich kurz vor dem Ende der Veranstaltung angekommen. Wir möchten aber noch eine zweite Runde machen. Ich möchte aber mit Ausnahme von Sascha Raabe, der vermutlich einen entwicklungspolitischen Ansatz noch stärker als bisher in die Diskussion einbringen will, darum bitten, vielleicht nur ganz konkret Fragen zu stellen, also keine Statements mehr zu halten, wenn es irgendwie möglich ist und dann auch um ganz kurze Antworten von denjenigen bitten, an die dann die Fragen gestellt werden.

 

Abg. Dr. Sascha Raabe:

 

Vielen Dank, ich werde deshalb noch einmal ganz gezielt Frau Fowler und Herrn Buntzel-Cano eine Frage stellen. Kurze Vorbemerkung:

 

Ich bin als Entwicklungspolitiker oder generell auch als Abgeordneter schon überrascht, dass hier einige neue Theorien über Welthandel und Weltmarkt zum Teil auch von den Vertretern der Wirtschaftsunternehmen mit aufgestellt werden, indem oft gesagt wurde, dass Weltmarkt oder Weltmarktpreise sich danach bestimmen sollten, dass ein Land nur für seinen Eigenverbrauch produziert und das Brasilien als Böse dargestellt wird, weil es über den Eigenverbrauch produziert. Also nach dem Motto dürfte Deutschland auch nur so viele Autos produzieren, wie in Deutschland verkauft werden und das ist schon eine sehr eigenartige Logik von Welthandel, Weltmarkt und Weltpreisbindung und in dem Sinne finde ich es auch manchmal etwas seltsam, wenn von Seiten der CDU überall Freihandel und Marktwirtschaft eingefordert wird, ausgerechnet in dem Agrarsektor und dem Zuckersektor aber nicht. Ich bin Herrn Buntzel-Cano für die letzte Stellungnahme dankbar, dass das Zuckermarktprotokoll sicherlich kein sinnvolles entwicklungspolitisches Instrument gewesen ist, sondern zu starken Fehlentwicklungen auch in den AKP-Staaten geführt hat. So ist es in Jamaika. Da wird Obst und Gemüse importiert, anstatt für die Tourismusindustrie selbst anzubauen und es wird eine völlig veraltete Zuckerindustrie aufrechterhalten.

 

Dann die konkrete Frage an Frau Fowler und an Herrn Buntzel-Cano noch einmal zu den Übergangsfristen der Quoten, denn das sollten wir auch alle ganz klar mitnehmen. Aus meiner Kenntnis spricht sich sowohl OXFAM als auch die NGOs dafür aus, diese Quoten auslaufen zu lassen. Es gibt eine Übergangsfrist. Meiner Meinung nach, wir haben uns ja schon darüber unterhalten, ist 2013 immer noch etwa zu lang, wir sehen es beim Textilfaserabkommen. Auch dort warten die Länder dann immer auf den letzten Drücker, um ihre Produktion zu modernisieren. Von daher könnte man eine kürzere Übergangsfrist wählen, aber ganz konkret Frau Fowler, Herr Buntzel-Cano, wie lange könnten Sie sich diese Übergangsfrist vorstellen? Dann zum Thema Marktzugang. Bliebe, wenn die EU ihren Marktzugang dann noch im Rahmen der WTO nicht fair und gerecht öffnet, es geht ja darum Handelsschranken abzubauen, neben Brasilien für andere Länder noch etwas vom Kuchen übrig? Wir haben ja schon gehört, dass es wettbewerbsfähige Länder auch in Afrika gibt. Wie schätzen Sie die Umwelt- und Sozialbedingungen im Südosten Brasiliens ein, wo ja die Wirtschaft am meisten expandiert? Da ist ja eine sehr moderne Produktion gegeben. Ist es für Sie, eine letzte Frage, nicht entwicklungspolitisch auch durchaus legitim, wenn Brasilien Devisen erwirtschaften kann für sein Sozialprogramm, wie das Nothungerprogramm, oder ist es, weil ja immer so getan wird, als ob Brasilien hier auch europäische Zuckerrübenbauer verdrängt, entwicklungspolitisch dann am Ende irgendwie nachteilig? Also ich möchte das bezweifeln und wollte Sie fragen, ob Sie da nicht auch ein entwicklungspolitisch legitimes Interesse auch bei Schwellenländer sehen, auch für ihre sozialen Programme Devisen zu erwirtschaften.

 

Abg. Dr. Christel Happach-Kasan:

 

Ich habe folgende zwei Fragen. Müssen wir vor dem Hintergrund, dass wir seit 1992 beobachten, dass die Folge der Agrarreformen eigentlich immer schneller wird, 1992 Sharry, 2000 Agenda 2000, 2003 Mid term-Review, nicht sehen, dass wir auch im Bereich Zucker zu stärkeren Veränderungen kommen werden; womöglich sogar stärker, als die Fischler- Vorschläge dies beinhalten? Die erste Frage an alle, die sich dazu berufen fühlen zu antworten. Ist es nicht realistisch anzunehmen, dass wir weitere Reformen bekommen werden über das hinaus, was Herr Fischler formuliert hat und müssen wir uns dementsprechend darauf einstellen?

 

Und dann als zweite Frage:
Wir haben in der EU vergleichsweise hohe Umweltstandards. Wenn wir hohe Umweltstandards erhalten wollen, bedeutet dieses auch, dass wir die Produktion möglichst an den günstigsten Standorten haben müssen, d. h. natürlich auch Olivenbäume in Schleswig-Holstein ist unrealistisch. Die wachsen woanders besser. Zucker in Schleswig-Holstein ist schon wiederum realistischer und in Deutschland insgesamt auch realistisch. D. h. müssten wir nicht vor diesem Hintergrund sagen, dass die Handelbarkeit der Quote in der EU Voraussetzung dafür ist, dass wir die Zuckerrübe überhaupt in Europa behalten.

 

Abg. Erika Mann, MdEP:

 

Danke schön, dass Sie mir die Möglichkeit geben, eine Frage zu stellen. Ich komme aus dem Europäischen Parlament und bin Handelspolitikerin in dem Bereich. Ich habe eigentlich nur eine Frage, weil ich sie nirgendwo gesehen habe und sie uns brennend interessiert in der Diskussion zur Vorbereitung unseres eigenen Hearings. Es hat sich niemand von Ihnen geäußert zur Übertragbarkeit der Erzeugungsquoten im Vorschlag von Fischler, wenn Sie, das muss nicht hier sein, aber vielleicht in der Zukunft mal dazu was sagen würden.

 

Abg. Gudrun Kopp:

 

Danke Frau Vorsitzende. Ich mache es ganz kurz. Ich habe eine sehr konkrete Frage an Herrn Dr. Gebhardt. Herr Dr. Gebhardt, wenn vorhin ausgeführt wurde, 28 Zuckerfabriken in der EU, würden Sie einmal eine Prognose wagen, was bei einem EU-weitem Quotenhandel passieren würde, wo ja eben gesagt wurde, dass Deutschland recht gute Chancen hätte für den weiteren Zuckerrübenanbau. Wie würde sich das möglicherweise auswirken auf den Bestand von Zuckerfabriken in Deutschland?

 

Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Dann schließe ich an und zwar an Herrn Gebhardt und an Herrn Isermeyer die Frage, wie würden Sie denn Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland definieren, wenn Sie die Bereiche der erneuerbaren Energien, also Bioethanol usw. und so fort mit einbeziehen in diesen Sektor. Die zweite Frage geht an Herrn Graefe zu Baringdorf und an Herrn Isermeyer:

 

Wie realistisch im Hinblick auf WTO, im Hinblick auf EU und auch innereuropäischer Auseinandersetzung sind denn welche Strategien?

 

Abg. Friedrich Ostendorff:

 

Eine Frage an Herrn Isermeyer. Herr Graefe zu Baringdorf hat es gestreift. Wie würden Sie es beurteilen, einen neuen betriebsindividuellen Zahlungsanspruch zu installieren. Das widerspräche ja allem, was wir jetzt eingeführt haben. Wir sehen das genauso wie Herr Graefe zu Baringdorf, aber von Ihnen eine kurze Beurteilung dazu.

 

Das zweite wäre noch einmal zu Herrn Buntzel-Cano und Frau Fowler vor allen Dingen, weil OXFAM hier argumentiert hat, wie wir es bisher in Deutschland nicht kannten und die OXFAM-Meinung hier nicht so sehr verbreitet war, dass Sie sich auch für ein intelligentes Management des Quotensystems in einem Übergang einsetzen, um den Ländern wirksam zu helfen. Noch einmal eine Einschätzung, ob das so gemeinsam abgestimmt ist, ob man mit dieser Position sagen kann, die ist sehr nah beieinander zwischen Ihnen, hier das Quotenregime zu nutzen, um diese 49 Länder zukunftsfähiger zu machen.

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Prof. Folkhard Isermeyer, FAL:

 

 

 

Erste Frage:
Sind stärkere Veränderungen zu erwarten als das was jetzt auf dem Tisch liegt? Meine Antwort ist ja. Ich sehe, dass wir bei den Zuckermengen deutlich runter müssen, egal ob wir jetzt an der Zuckermarktordnung festhalten oder ob wir uns auf irgendwelche Allianzen einlassen. Die 16 % werden mit Sicherheit bei weitem nicht ausreichen.

 

 

 

Zweite Frage:
Handelbarkeit der Quoten, dies wurde ja von zweien geäußert, ist im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Zuckerwirtschaft längerfristig unumgänglich und umso erforderlicher, je stärker wir die europäische Zuckermenge insgesamt runter nehmen müssen.

 

Deswegen ein eindeutiges Ja zur Handelbarkeit der Quote.

 

Zu Frau Höfken – erneuerbare Energien. Ich habe hierzu in der schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, dass die gesamte Ökonomik der erneuerbaren Energien zumindest in der agrarökonomischen Forschungslandschaft Deutschlands zurzeit wenig verankert ist, um nicht zu sagen, gar nicht verankert ist. Ich finde das bedauerlich, wenn man bedenkt, wie viel politische Hoffnung daran geknüpft wird und wie viele Steuermittel auch schon jährlich in diesen Zweig an konkreter Förderung hineingehen. Man muss sich ja grundsätzlich die Frage stellen, ob es in einer künftig liberalisierten Welt tatsächlich die richtige Arbeitsteilung ist, dass Deutschland nachwachsende Rohstoffe produziert und Brasilien Nahrungsmittel, oder ob das nicht anders herum vielleicht sinnvoller ist. Dazu muss man aber mit wissenschaftlichen Methoden in diese weltweite Arbeitsteilung hineinschauen und das geschieht im Augenblick unzureichend. Ich denke, wir befinden uns hier wirklich ein wenig im Blindflug in die Globalisierung und laufen Gefahr, dass uns die WTO-Debatte irgendwann einmal beim Bioethanol, beim Biodiesel und bei all diesen Dingen schwer einholt. Denn im Augenblick haben wir ja noch einen Schutz innerhalb dessen wir das betreiben, aber wenn der Schutz mal wegfällt und der gerät ja irgendwann auch mal unter Druck, dann wissen wir nicht, wie wir dann international da stehen mit den nachwachsenden Rohstoffen.

 

Wie realistisch welche Strategie ist, dass können wahrscheinlich die Politiker besser beurteilen. Ich glaube, dass die Richtung, die sich hier ja verschiedentlich angedeutet hat, dass man vielleicht bei den Preisen jetzt nicht ganz so stark runter geht und sich vorbereitet auf eine stärkere Mengenkürzung, dass dieses wohl von einer ganzen Reihe von Beobachtern für realistisch gehalten wird. Wichtig ist, um die interne Handelbarkeit von Quoten tatsächlich nachher operationalisierbar zu machen, dass man dazu konkrete Ausführungsbestimmungen erlässt, denn das erscheint mir im Augenblick noch ein bisschen wolkig. Aus ökonomischer Sicht ist es dringend erforderlich, das die Handelbarkeit kommt, aber wie sie denn rechtlich ausgestaltet wird, wer mit wem in Handel tritt, dass bedarf letztlich der juristischen Analyse.

 

Und zu Herrn Ostendorff abschließend zu betriebsindividuellen Zahlungsansprüchen. Letztlich ist es ja so, dass hier die Argumente für das Regionalmodell versus Betriebsmodell im letzten Sommer umfänglich ausgetauscht worden sind. An diesen Argumenten hat sich bis heute nichts geändert und insofern spreche ich mich auch an dieser Stelle dafür aus, die Zuckerprämie irgendwann in das Regionalmodell einfließen zu lassen. Wir brauchen aus sozial-politischen Gründen zunächst mal betriebsbezogene Ausgestaltungen. Wir können die Rübenbauern ja nicht über Nacht im Regen stehen lassen. Wenn nun die Zuckermarktreform vielleicht etwas später als 2005 oder 2006 beschlossen wird und man trotzdem im Jahr 2013 zum regionalen Modell will, dann braucht man eigentlich keinen Gleitflug für diesen Zuckerbestandteil, denn dann kann man auch den Schnitt 2013 vollziehen. Denn wenn solche Prämienanpassungen früh genug bekannt sind, können sich alle Wirtschaftsbeteiligten darauf einstellen. Ich will mich aber schon dafür aussprechen, dass wir im Jahr 2013 dann tatsächlich zu einem kompletten Regionalmodell in Deutschland kommen. Ich halte es auch politisch gar nicht anders für durchführbar, denn die Milchproduzenten werden es politisch überhaupt nicht dulden, dass ihre Milchprämie jetzt ab 2009 in die Ackerfläche gezogen wird und umgekehrt aber die Rübenprämie dann nicht in die Grünlandflächen hineingeht. Das wäre politisch überhaupt nicht durchzuhalten. Dankeschön.

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Dr. Rudolf Buntzel-Cano, EED:

 

Zunächst einmal zwei Fragen von Herrn Dr. Raabe. Zunächst einmal, was die Fristigkeit der Vorstellungen der Nichtregierungsorganisationen in Bezug auf dieses Mengenkonzept angeht. Wir haben uns in unserer Position mit dem LDC-Vorschlag einverstanden erklärt und der hat eine Fristigkeit bis 2019. Ich persönlich muss sagen, dass erscheint mit sehr lang.

 

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ein politisches Programm für solange politisch durchkriegt, sondern bisher sind alle Verlängerungen, auch der Zuckermarktordnung, maximal über 6 – 8 Jahre gelaufen. Außerdem hätte ich die Befürchtung, wenn wir wirklich eine Übergangsregelung für die LDCs bis 2019 schaffen würden, dass wir dann tatsächlich neue Mauritiusse haben. Das heißt, dass ist meine persönliche Meinung, die noch nicht mit dem Bündnis abgestimmt ist.

 

Die Frage mit Brasilien und was bleibt für Brasilien übrig:

 

Erst einmal wird Brasilien natürlich mächtig profitieren von der Tatsache, dass wir uns von den Weltmärkten zurückziehen, denn diese Mengen wird Brasilien sofort und hoffentlich nicht nur Brasilien auffüllen, das ist klar und im besten Fall sind das ja 5 Millionen Tonnen. Viel mehr kann Brasilien seine Exporte auch nicht steigern. Deswegen hat Brasilien erst einmal gar kein Interesse in der jetzigen Phase Marktzugang zu Europa zu kriegen, sondern sie haben ein Interesse daran, Marktzugang zu den Drittlandsmärkten zu bekommen, die von uns noch besetzt sind. Das sind die Märkte in Nordafrika, im Mittleren Osten, dass sind alle die Märkte, die Herr Koch von Töpfer auch noch geschützt haben will, weil wir dort so schöne Hafenanlagen und Logistiken aufgebaut haben. Ich meine, dass ist natürlich das Erste, was wir einbüßen müssen, um also auch Brasilien noch Entwicklungschancen zu geben. Dieses böse Bild, Brasilien der Teufel und wir die Guten, kann ich so überhaupt nicht nachvollziehen. Im Nordosten von Brasilien herrschen natürlich feudale Verhältnisse, da ist eine sklavenähnliche Situation auf den Plantagen, das ist das alte Brasilien. Es gibt ein neues Brasilien im Zentrum im Staate von Sao Paulo, wo die neuen Strukturen sind, die auch die neuen Weltmärkte übernehmen werden. Da sieht die Situation ja ganz anders aus. Das sind große kapitalistische Betriebe, die sind voll durch geplant. Ich will nicht sagen, dass dort die Verhältnisse gut sind, sie sind leider den Weg der starken Mechanisierung gegangen, d. h. die Beschäftigungseffekte sind nicht so positiv, wie man das sich wünschen würde. Aber damit sind die Sozialbedingungen der Facharbeiter sehr viel besser. Brasilien hat auf dem Papier natürlich hervorragende Gesetze in Bezug auf Sozialstandards und Umweltstandards. Das Problem ist, diese Gesetze werden in der Praxis nicht eingehalten, weil das soweit draußen ist und da keiner so richtig kontrolliert und die Zuckerbarone sind gleichzeitig die lokalen Machthaber. Wie kann man also das, was auf dem Papier steht, besser einfordern? Mit Sicherheit nicht über Handelsboykott oder gar zu sagen, ihr dürft nicht, weil ihr so böse oder so schmutzig seid, das ist kein Weg. Das lässt sich auch international nicht durchsetzen. Sondern nur durch die Stärkung z. B. der Organisation der Zivilgesellschaft vor Ort, die ein Beschwerderecht kriegen, die aufpassen, wenn so etwas passiert, dass das auch angeklagt wird, damit Brasilien seine internen Widersprüche besser wahrnimmt. Danke.

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Dr. Hans-Jörg Gebhardt, WVZ:

 

Im Großen und Ganzen kann ich mich bei der Beantwortung der Fragen auf die Ausführung von Herrn Prof. Isermeyer stützen. Nur eine grundsätzliche Frage, wer macht denn die Reform? Gehen die Reformen in der Zukunft nicht noch schneller, als Fischler das mit seinen zwei Stufen vorgesehen hat? Mein Weltbild ist so, dass die Regierung die Reformen schlussendlich verantwortet und das bedeutet für mich, dass man dort ansetzen und fragen muss, welche Reformen will man und was wird dadurch bewirkt? Da muss man die grundsätzliche Frage stellen, die Herr Isermeyer auch gestellt hat, wollen wir zukünftig noch eigene Zuckerproduktion oder nicht und das trifft auch das, was Herr Dr. Raabe in seinen Fragen niedergelegt hat. Diese Antwort können nur die Politiker geben und die Wirtschaft wird sich daran ausrichten. Frau Mann ist leider gegangen, aber ich gehe davon aus, dass sie mit der Übertragbarkeit der Quote den Quotenhandel gemeint hat. Die deutsche Zuckerwirtschaft und im Übrigen auch einige wichtige Zuckerproduzenten in Europa sehen dieser Transferierbarkeit der Quoten über die nationalen Grenzen hinaus durchaus positiv entgegen. Nur brauchen wir ein vernünftiges Regularium und es kann nicht sein, dass dann linear gleich verteilt wird, sondern man muss dann schon sehen, wohin die Quoten gehen und es ist auch nicht so anzunehmen, wie manche das tun, dass sich einfach ganze Länder verabschieden, sondern es gibt auch in den einzelnen Ländern sehr unterschiedliche Produktions- und damit auch Kostenbedingungen. Insofern wird da einiges in Fluss kommen.

 

Sie hatten zu Bioethanol gefragt. Da ist es natürlich absolut richtig und es gibt auch ernst zu nehmende Politiker und Wissenschaftler, die sagen, es macht doch keinen Sinn, Nahrungsmittel über tausende von Meilen zu transportieren, Food Miles einfach mal in den Raum gestellt, und die Energie wird dann sehr teuer eingekauft. Hier ist ein Feld, dass man entsprechend kanalisieren muss, aber die deutsche und die europäische Wirtschaft erreicht in Bezug auf nachwachsende Energien auch unter den hohen Rohölpreisen, die wir derzeit haben, beileibe nicht die Wettbewerbsfähigkeit, sondern sie kann nur leben, wenn hier entsprechende Mechanismen da sind oder wenn z. B. auf die Steuer verzichtet wird.

 

Sie hatten dann noch gesagt, Brasilien will nur, und das hat Herr Buntzel-Cano gesagt, in die Drittländer exportieren. Da muss ich einfach noch einmal manifestieren, wenn sie es nicht schaffen, die SWAP-Problematik und die strikten Ursprungsregeln zu beherrschen, ist unser Markt tot. Denn dann kommt dieser Zucker über die Drehscheibe herein bzw. wir haben die Gesamtproduktion der LDC´s bei uns und dieses wird nicht beherrschbar sein, weil sehr viel ausländisches Kapital bereits in diese LDC-Länder hinein wandert, um dort große Produktionskapazitäten aufzubauen.

 

Es ist möglicherweise zu einfach, wenn man sagt, wir verlieren unter Berücksichtigung aller externen Faktoren rund 40 % der Zuckererzeugung in Europa und damit auch 40 % der Fabriken. Die Beantwortung dieser Frage hängt sehr stark mit der Transferierbarkeit der Quoten und der Ausgestaltung dieses Systems zusammen. Wir werden mit Sicherheit auch Fabriken und Arbeitsplätze verlieren, aber wir werden möglicherweise weniger verlieren, wenn hier ein steuerbarer Wettbewerb um die verminderten Quoten, die es zukünftig möglicherweise geben wird, stattfinden wird, um die entsprechend zu allokieren. Vielen Dank.

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Peggy Fowler, OXFAM:

 

Vielen Dank noch mal. Um auf die zwei Themen, die an mich gerichtet waren, zu sprechen zu kommen:

 

Zuerst einmal der Übergangszeitpunkt aus Sicht von OXFAM.
OXFAM hat ja dieses Rahmenwerk herausgegeben über Senkungen der europäischen Produktionsquoten und den LDCs zwischen dem Jahr 2006 und dem Jahr 2013. Also wir haben dieses Rahmenwerk veröffentlicht und jetzt noch mal zur Frage, ob wir wirklich davon überzeugt sind, dass Quoten z. B. eingesetzt werden könnten, um die LDCs dazu anzuregen, einen wettbewerbsfähigen Sektor zu machen? Ich denke diese Frage wurde motiviert durch das Bedenken, dass wir dadurch vielleicht von Präferenzen abhängige LDC-Länder sozusagen heranzüchten. Wir haben einige Forschungen durchgeführt in einigen südafrikanischen LDCs, aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es wirklich entwicklungspolitisch Sinn macht, einen Schutzzeitraum oder einen Übergangszeitraum für diese Länder bereitzustellen. Sie sind die kostengünstigsten Produzenten von Zucker in der Welt und wir denken, dass sie auch langfristig sehr gutes Potential haben, nachhaltige Industrien zu entwickeln, wenn man ihnen genug Zeit und genug Unterstützung gibt in diese Sektoren zu investieren, insbesondere in das Transportwesen. Im Transportwesen sind sie aus Kostenperspektiven auch benachteiligt und da brauchen sie Zeit, um das aufzubauen. Uns geht es hier nicht darum, dass wir jetzt einmal sagen, nein keine Intervention, keine Verzerrung, sondern wir müssen uns die Situation, die Geschichte mit dem Zucker und die historischen Verbindungen mit den AKP-Staaten und die Tatsache anschauen, dass die LDCs auch weiter entwickelt werden müssen. Das SDT, Special Differential Tradement, wird von der WTO für die LDCs anerkannt und wir als entwickelte Staaten haben nun einmal eine Verantwortung, da diese Fragen alle große Implikationen aufwerfen werden.

 

Jetzt zum Thema Brasilien, ich stimme sehr vielem zu, was hier gesagt wurde. Ganz sicher muss man hier langfristig das Thema angehen und hier geht es darum, dass man auch ein Umdenken oder Umlenken in diesem Bereich einläutet und dass man hier die Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft fördert. Das wurde ja von einem Vorredner bereits erwähnt. Im Fall vom WTO-Panel haben wir gesehen, dass es Brasilien in erster Linie darum ging, das Exportdumping durch die EU zu begrenzen und der Panel-Bericht hat ganz klar gezeigt, dass es kein Interesse an der Beendigung der Präferenzen der EU gibt. Und ich denke, dass ist etwas sehr Wichtiges, was die EU berücksichtigen sollte.

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Prof. Dr. Schmidt, IZZ:

 

Ich möchte noch einmal kurz darauf hinweisen, dass es ja bei der Reform der Zuckermarktordnung darum geht, sie einzubeziehen in die Agrarreform und da sind klare Setzungen getroffen worden, sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland. Mehr Leistungs- mehr Verteilungsgerechtigkeit und das bedeutet, Ausrichtung der Produktionskosten an den Marktverhältnissen auf der einen Seite und verteilungspolitisch Ausgleich durch Direktzahlung. In Deutschland ist aus politischen Gründen das Modell Direktzahlung Regionalmodell gewählt worden, und es gibt überhaupt keinen Grund den Zuckersektor auszunehmen. Man müsste schon eine Sonderrolle des Zuckermarktes konstruieren, die m. E. nicht gegeben ist, genauso wenig wie eine Ausnahme von der grundsätzlichen Ausrichtung der Agrarreform. Die Frage ist, welche Schritte möglicherweise noch notwendig sein könnten. Ich meine im Gegensatz zu Herrn Isermeyer, dass das Reformkonzept der Kommission in überhaupt keiner Weise, irgendwelchen internationalen Verhandlungen entgegensteht. Im Gegenteil. Ich meine, den Schritt die Preise zu senken. Die Quote bleibt ja mit einer Reduktion erhalten einfach um die Produktion in Grenzen zu halten oder auf das notwendige Maß zu beschränken. Diese Preissenkung wird das erste Ziel der Leistungsgerechtigkeit stärker erreichen und wird zu Kostensenkungen führen. Das brauchen wir, weil wir in anderen Bereichen eben auch auf dieselbe Schiene setzen.

 

Ein Wort noch zu den Importzöllen. Von Importzöllen gleich Null spricht kein Mensch. Das wird auch im internationalen Rahmen überhaupt nicht diskutiert und dieses Ungeheuer Brasilien wieder auf den Tisch zu holen, scheint mir ohne polemisch zu werden, irgendwie weltfremd.

 

Der dritte Punkt, die Handelbarkeit, ich habe das vorhin schon gesagt, halte ich für außerordentlich wichtig. Die deutsche Seite sollte darauf achten, wie die Franzosen das auch schon durch Duval und andere Leute gesagt haben, den Handel mit Quoten zu unterstützen. Darauf sollte Deutschland gesteigerten Wert legen. Es geht um die Definition des Weißzuckerwerts, wahrscheinlich mit, vor oder ohne Quotenkürzung und ganz entscheidend darum, wie der Handel stattfindet, wobei nationale Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Die Quotenkürzungen wirken sich in allen Ländern sehr unterschiedlich aus.

 

Und der letzte Punkt ist natürlich die Frage des Schaffens von Regeln und der Organisationsform. Wir brauchen eine Handelsplattform, die auch nicht durch politische Einflüsse von wem auch immer in den südeuropäischen Ländern konterkariert wird, vielleicht soweit. Danke.

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Dr. Hans-Jörg Gebhard, WVZ:

 

Es schließt an die Frage des betriebsindividuellen Ausgleichs bzw. des Einordnens des Zuckerbereichs in die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik und der Sondersituation in Deutschland und den Sonderweg, den Deutschland beschreitet, an. Wir möchten dringend bitten, nicht zusätzliche Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Europas zuzulassen in der Ausführung der unterschiedlichen Transferzahlungen. Ein Regionalmodell, wie wir es haben und im Abschmelzungsgedanken der hier eingebaut ist, stellen sich die deutschen Rübenanbauer wesentlich schlechter als die Anbauer in Frankreich. Dementsprechend würde auch der Quotenhandel dadurch verzerrt, weil durch die betriebsindividuellen Zahlungen in Frankreich natürlich mehr Geld vorhanden wäre, um auch höhere Quotenpreise zu bezahlen. D. h. wir fordern hier eine Gleichbehandlung für den Ausgleich, den wir für Preis- und Mengensenkung über Europa insgesamt brauchen.

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Christian Bär, DBV:

 

Frau Vorsitzende ganz kurz aus gebotener Zeit zu den Produktionskosten. Ich denke, hier kann und darf man die ökologischen und sozialen Standards nicht außer Acht lassen, die letztendlich auch in die Handelsbeziehungen aufgenommen werden könnten. Das ist einer der wenigen Momente, von denen ich glaube, dass sie wirksam greifen können, wenn wir eine vernünftige Zuckermarktordnung umsetzen wollen. Herr Prof. Schmidt ich bin nicht Ihrer Auffassung, Brasilien als weltfremd zu bezeichnen. Vielmehr erscheint es mir auf Grund meiner Kenntnis weltfremd, Brasilien nicht mit der Bedeutung zu belegen, die es im internationalen Bereich der Agrarproduktion, Möglichkeiten und der Standards hat, die dort angesetzt werden. Mir ist bekannt von einem portugiesischem Kollegen, dass dort auch heute noch Rodeprogramme aufgelegt werden mit dem einzigen Ziel und der einzigen Verpflichtung, die Dinge, die dort produziert werden auf dem Weltmarkt unterzubringen. Ich will das aus Zeitgründen nicht weiter ausführen, aber es gibt eine ganze Reihe von Punkten, von denen ich glaube, dass man sie nicht außer Acht lassen darf. Abschließend noch eine Antwort auf die Frage, ob es denn Versuche gibt, Verbündete zu suchen. Der Deutsche Bauernverband sucht Verbündete. Wir führen selbstverständlich auf europäischer Ebene Gespräche mit den Franzosen und mit den polnischen Rübenanbauern, dies in Brüssel und in Straßburg und wir haben darüber hinaus auch auf Grund unserer internationalen Beziehungen auch Gespräche mit den Amerikanern aufgenommen, um hier vernünftige Regelungen zu finden. Letztendlich auch in Europa.

 

Das ist der Ansatz, Zuckerüben im Rahmen der hier auch angedachten handelspolitischen Möglichkeiten zu produzieren. Vielen Dank.

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Henning Koch, Fa. August Töpfer:

 

Ich wollte nur mal zu meinem Lieblingsthema Weltmarkt zurückkommen, zu ein paar Zahlen, die hier genannt worden sind. Sie Herr Prof. Isermeyer haben eben gesagt, dass Ihnen Studien vorliegen, dass der Weltmarktpreis nicht über 300 Euro gehen kann.

 

Ich möchte einfach daran erinnern, das wenn wir vom jetzigen Maipreis von 260 Dollar ausgehen und den umrechnen zu einem Dollarkurs von 82 Cent, wie wir ihn vor nicht allzu langer Zeit gehabt hatten, dann ist das schon alleine ein Preis von über 300 Euro. Außerdem möchte ich gar nicht auf die Exzesse in den 70er und 80er Jahren zurückgehen. Aber auch in den 90er Jahren hatten wir Preise, die deutlich über 400 Dollar lagen. Ich habe jetzt die Umrechnungskurse nicht dabei. Also Preise deutlich über den derzeitigen Preisen sind jedenfalls in der jüngsten Vergangenheit Realität gewesen.

 

Etwas anderes ist auch wichtig in diesem Zusammenhang. Der Weltzuckerverbrauch steigt kontinuierlich. Man rechnet in den letzten Jahren mit Werten von über 2 ½ %. Bleiben wir nur mal bei 2 %, dann würde das auf das gegenwärtige Niveau bezogen in 10 Jahren fast 20 Mio. Tonnen mehr an Weltbedarf bedeuten.

 

Jetzt gab es wiederum eine Diskrepanz zwischen Ihrer Aussage und der von Herrn Buntzel-Cano. Sie haben gesagt, Brasilien kann schnell umlegen von Alkohol auf Zucker. Das ist zwar korrekt, aber man muss fragen, warum sollten sie das tun bei Energiepreisen von 55 Dollar pro Barrel. Auf der anderen Seite sagten Sie, Herr Buntzel-Cano, die Brasilianer könnten nur weitere 5 Mio. Tonnen exportieren.

 

Also das ist für mich neu und widerspricht allem, was man über die Programme, die dort laufen, weiß.

 

Es wird ja weiterhin ernsthaft darüber nachgedacht, gerade Viehwirtschaftsfläche umzuwandeln zu Zucker und wir haben alleine nach den gängigen Schätzungen vom gegenwärtigen Jahr bis zum nächsten Jahr schon mal eine Rohrsteigerungsprognose von fast 10 %, um genau zu sagen von 9 %.

 

Die Brasilianer sind munter dabei und sie bauen auch neue Terminals und neue Fabriken. Ich würde es für einen wichtigen Faktor für den Weltmarkt und die Beurteilung der zukünftigen Preisentwicklung halten, wenn wir davon ausgehen könnten, dass die Brasilianer mit weiteren 5 Mio. Tonnen zufrieden sind. Danke.

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Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, AbL:

 

Wir sind dagegen, dass die Rücknahme dessen, dass was ich Pervertierung genannt habe, mit Steuergeldern finanziert wird. Die für die Prämie angedachten 1,5 Milliarden Euro gehen besser in einen Fond, von dem ich vorhin gesprochen habe, der für die ländliche Entwicklung eben auch in diesen Zuckerbereichen zur Verfügung stehen soll. Für die Rückführung der Menge bei ausreichenden Preisen bedarf es keiner Prämie, sondern die Zuckerrübenbetriebe haben über das Modell, das Deutschland gewählt hat, demnächst bereits eine Prämie, weil sie mit reinkommen und das muss an Entschädigung genug sein. Ich meine sogar, dass es hier zu einer moderaten Preissenkung kommen könnte, nicht als Systemwechsel, sondern nur in der Relation zu dem was da an Vorteilen jetzt kommt.

 

Zu der Frage der Vorsitzenden, ob das in der WTO durchführbar ist. Ja, in der WTO ist eine Menge durchsetzbar und man sieht ja wie auch das WTO-System unterlaufen werden kann und trotzdem negative Resultate kommen. Der C-Zucker ist ja nach WTO-Regeln erlaubt, weil er nicht subventioniert wird und die Bauerngelder spielen dabei keine Rolle. Man kann ihn eigentlich auf den Weltmarkt bringen und das sieht man an der Klage, wie sie jetzt im Panel vorliegt. Sie konstruieren eine Verbindung mit dem überhöhten Preis in den anderen Bereichen. Es gibt ja auch eigentlich keinen Sinn, dass sie C-Zucker anbauen. Warum tun es die Bauern? Natürlich hat das mit dem anderen zu tun. Ich wollte nur sagen, sie konstruieren und sie müssen es konstruieren, um daraus einen Verstoß gegen die WTO-Ordnung zu machen. Dennoch sind diese 3 ½ Mio. Tonnen Dumping, das ist Dumping, wo immer das Geld herkommt. Das muss weg und das muss auch in die Regel einbezogen sein. Das muss auch im Abkommen deutlich werden, sonst wird man diese Interessenslage von der Herr Isermeyer sprach, die man schmieden muss, um in der WTO ein Ergebnis zu erreichen, nicht erreichen. Nur in diesem Zusammenhang habe ich gesagt, ist es vielleicht sinnvoller das in die Biogasanlage zu tun oder in die Spritherstellung. Ob man besser für den Spritt produziert als für die Nahrungsmittel und ob das für die Bauern tatsächlich gut ist und ob sie die Ölscheichs von Morgen werden, da habe ich meine Bedenken. In der jetzigen Konstellation rechnet es sich jedenfalls mehr, das hat damit zu tun, weil wir das Einspeisegesetz haben und folglich könnten wir auch gut darauf verzichten. Das ist eine Frage für die Zuckerindustrie, die natürlich an Kapazität verliert. Jedenfalls wenn sie in die Biogasanlage geht. Nun haben wir das Glück, dass das Landproblem noch nicht ganz gelöst ist. Vielleicht läuft es ja doch durch ihre Kapazitäten, dann sind sie damit weiterhin ausgelastet.

 

Ich wollte zu der zuckerverbrauchenden Industrie noch etwas sagen. Sie haben von den 10 oder 12 % Export gesprochen. Wir haben aber bereits, dass wissen Sie auch, im Zuge des Abbaus der Exporterstattungen oder der Reduzierung auf eine Menge den sog. einfachen Grenzverkehr, den vereinfachten Veredelungsverkehr. D. h. Sie können auch Zucker im Weltmarkt zu den Bedingungen des Weltmarktes kaufen und können, wenn Sie sicherstellen, dass das in Produkte geht, die sofort wieder rausgehen, diese Verbilligung wahrnehmen. Es gibt für die chemische und die pharmazeutische Industrie seit langem die Möglichkeiten auf dem europäischen Markt zu Weltmarktbedingungen zu kaufen. Also hier sind für sie ja Regelungen geschaffen. Wenn Sie das hier anführen, sollten Sie das wenigstens auch mit nennen. Dass das etwas kompliziert ist, ist die andere Frage. Ich bin auch nicht sehr interessiert an dieser Regelung, aber sie ist eben mal von der Kommission geschaffen worden. Also, die Frage werden wir das durchsetzen? Ja, wir werden es durchsetzen auf der europäischen und der WTO-Ebene, davon bin ich überzeugt. Nicht alle werden zufrieden sein, aber es wird Gott sei dank keinen Fall der Zuckermarktordnung geben, weil das Instrumentarium erst mal historisch gewachsen ist und uns Möglichkeiten der Umgestaltung bringt.

 

Wie lange das dann noch notwendig ist, muss man sehen. Es ist schwierig, die verschiedenen Interessenslagen unter einen Hut bringen. Möglicherweise nicht ganz Ihre, aber ich bin da auch nicht ganz so sicher, wie weit Sie nach außen hin Ihre Position so darstellen müssen, wie Sie es tun und heimlich vielleicht doch hoffen, dass sie weiterhin durch die Zuckermarktordnung guten Zucker kriegen.

 

Amt. Vorsitzende, Ulrike Höfken:

 

Ich möchte Ihnen ganz herzlich danken für die ausführlichen und guten Beantwortungen der vielen und ebenso ausführlichen Fragen. Ich denke, Sie haben uns geholfen, dieses Thema weiter im Ausschuss zu diskutieren und die politischen Entscheidungen zu treffen, wo ja ganz richtig gesagt wurde, dass wir sie zu treffen haben und wir nehmen dieses als eine gute Grundlage. Herzlichen Dank auch an unsere Gäste und an die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt diese Form der Weiterbildung genossen haben.