Nationale Sichtweise
Nationale Sichtweise
Ein Beispiel wie die Ursachen und der Beginn des Ersten Weltkriegs in einem populären Geschichtsmagazin des Vereinigten Königreichs dargestellt werden.
Aufgaben:
1 |
Die ersten
drei Seiten des Artikels erzählen die Geschichte einer Gruppe junger Studenten,
die den Erzherzog von Österreich und seine Ehefrau bei einem Besuch in Bosnien
ermordeten. |
2 |
Erkläre in
maximal 150 Wörtern, weshalb die Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand zum
Ersten Weltkrieg führte. (Der schwarze Textkasten oben auf Seite 23 könnte dir
bei dieser Frage behilflich sein). |
3 |
Auf Seite 22
des Artikels behauptet der Autor, dass es einige Übereinstimmungen zwischen der
Situation in Europa im Jahr 1914 vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs und
der heutigen Situation in der Welt gäbe. Was sind diese Übereinstimmungen? |
4 |
Welche Hauptpunkte versucht der Autor in der
zweiten Spalte auf Seite 23 des
Artikels darzustellen? |
5 |
Artikel in
populären Geschichtsmagazinen basieren oft auf aktueller historischer
Forschung. Dieser Artikel basiert auf den Arbeiten von Christopher Clark über
die Ursachen des Ersten Weltkriegs.
The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914 Strategy, bellicosity, blunder? A.W. Purdue weighs a fresh look at the Great War's deadly genesis Times Higher Education Supplement, 27 September 2012 http://www.timeshighereducation.co.uk/421230.article
On the Brink: ‘The Sleepwalkers’ and ‘July 1914’ Harold Evans New York Times, May 12 2013 http://www.nytimes.com/2013/05/12/books/review/the-sleepwalkers-and-july-1914.html?_r=0 |
Aufgaben (Lehreransicht):
1 |
Die ersten
drei Seiten des Artikels erzählen die Geschichte einer Gruppe junger Studenten,
die den Erzherzog von Österreich und seine Ehefrau bei einem Besuch in Bosnien
ermordeten.
Es finden sich viele allgemeine Erklärungen („malerische Aussicht“, „mit Villen und Häusern gespickte Berghänge“, „schimmernde Punkte weißen Marmors“), wobei die Hauptpunkte die sind, dass die Mordopfer der Erbe des Throns von Österreich und dessen Ehefrau waren und dass von den sieben Terroristen, sechs aus Serbien stammen, einem Land, das der Feind Österreichs war. Die Terroristen hatten Verbindungen zur serbischen Regierung und trugen Waffen, die in Serbien hergestellt wurden (S. 23 des Artikels).
Im Zuge der
Ereignisse des Attentats warteten die sieben Attentäter entlang der für den
Staatsbesuch geplanten Route. Einer zündete eine Bombe, die wenig Schaden verursachte, und Franz Ferdinand entschied sich, den Besuch nicht abzubrechen. Der
Chauffeur des Erbprinzen verfuhr sich, und als er zu wenden begann, stand
zufällig einer der Attentäter, Gavrilo Princip, in unmittelbarer Nähe. Princip
schoss auf den Erzherzog und seine Frau und tötete beide.
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2 |
Erkläre in maximal 150 Wörtern, weshalb die Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand zum Ersten Weltkrieg führte. (Der schwarze Textkasten oben auf Seite 23 könnte dir bei dieser Frage behilflich sein)
Österreich
wollte sich an den Serben rächen, welche es für den Mord verantwortlich machte. Es sah die serbische Nation als Bedrohung für die Doppelmonarchie an. Die Idee
der Österreicher bestand darin, die Serben vor ein Ultimatum zu stellen, das
diese unmöglich akzeptieren konnten, ohne sich bloß zu stellen, um somit eine
Rechtfertigung für eine Invasion und die Zerschlagung Serbiens zu bekommen.
Österreich-Ungarn war sich sehr wohl bewusst, dass Russland die Serben
womöglich unterstützen könnte, da sie gute diplomatische Beziehungen pflegten
und beides „slawische“ Staaten waren (seit Jahren bestanden Spannungen zwischen
Russland und Österreich auf dem Balkan). Österreich-Ungarn versicherte sich also
der deutschen Hilfe im Falle einer Unterstützung Serbiens durch
Russland. Deutschland stand bedingungslos hinter der Habsburgermonarchie. Dies wird oft
als „Blankoscheck“ bezeichnet. Frankreich musste aufgrund von
Bündnisverpflichtungen Russland gegen Deutschland beistehen. Großbritannien
entschied sich für die Seite der Franzosen, obwohl es hierzu nicht vertraglich
verpflichtet war. Da die deutsche Invasion Frankreichs durch das neutrale
Belgien verlief, sah sich Großbritannien – auch aufgrund eigener Interessen –
zu diesem Schritt verpflichtet, da es traditionell als Garant für die Neutralität
Belgiens fungierte.
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3 |
Auf Seite 22 des Artikels behauptet der Autor, dass es einige Übereinstimmungen zwischen der Situation in Europa im Jahr 1914 vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs und der heutigen Situation in der Welt gäbe. Was sind diese Übereinstimmungen?
Sowohl im
damaligen Vorkriegseuropa als auch im heutigen Europa finden sich terroristische
Gruppierungen, die weder regional noch politisch genau einzuordnen sind. Diese
Gruppierungen zeichnen sich durch Selbstmordattentate und die kultische
Verehrung von Opferbereitschaft, Todesmut und Rache aus. Vor allem seit dem
Niedergang des Kommunismus’ herrscht weniger globale Stabilität und weite
Gegenden der Welt neigen zu Instabilität und Krisen (Clark führt die
Jugoslawienkriege der 1990er Jahre als Beispiel an. Man könnte ebenso die
Situation im Nahen Osten und die Kriege im Irak und in Syrien sowie die
Spannungen zwischen Israel und dem Iran nennen).
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4 |
Welche Hauptpunkte versucht der Autor in der zweiten Spalte auf Seite 23 des Artikels darzustellen?
Die zentrale
Aussage, die Clark herauszustellen versucht, ist, dass die Situation auf dem
Balkan der Katalysator war, der zum Beginn des Ersten Weltkriegs führte und
dass die Mächtigen in Österreich den Mord nicht einfach ignorieren konnten.
Ähnlich dem Anschlag auf die Zwillingstürme am 11. September 2001, war es ein
symbolischer Angriff, der keinesfalls unbeantwortet hätte bleiben können.
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Artikel in
populären Geschichtsmagazinen basieren oft auf aktueller historischer
Forschung. Dieser Artikel basiert auf den Arbeiten von Christopher Clark über
die Ursachen des Ersten Weltkriegs.
Die
Rezensionen von Clarks Buch – zwei davon sind im Vereinigten Königreich erschienen, die dritte stammt aus der New York Times – sind sehr positiv und bestätigen dem Buch eine aufschlussreiche Darstellung des Kriegsbeginns. Die Tatsache, dass auch
andere renommierte Historiker Clarks Buch für eine nachvollziehbare Darstellung
des Kriegsbeginns halten, bestätigt den Wert von Clarks Schriften und seiner
Forschung. |