Transnationaler Vergleich

Transnationaler Vergleich

Artikel aus populären Geschichtsmagazinen aus verschiedenen Ländern beschreiben manchmal dasselbe Ereignis auf verschiedene Art und Weise. Der Beginn des Ersten Weltkriegs ist hierfür ein gutes Beispiel. Der Vergleich von verschiedenen Texten zum selben Thema, die allerdings aus unterschiedlichen Ländern stammen, kann das Verstehen und Erkennen verschiedener Perspektiven erleichtern. Besonders in solch kontroversen Wissenschaftsbereichen wie etwa der Geschichte ist dies besonders wertvoll.
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Transnationaler Vergleich

Artikel aus populären Geschichtsmagazinen aus verschiedenen Ländern beschreiben manchmal dasselbe Ereignis auf verschiedene Art und Weise. Der Beginn des Ersten Weltkriegs ist hierfür ein gutes Beispiel. Der Vergleich von verschiedenen Texten zum selben Thema, die allerdings aus unterschiedlichen Ländern stammen, kann das Verstehen und Erkennen verschiedener Perspektiven erleichtern. Besonders in solch kontroversen Wissenschaftsbereichen wie etwa der Geschichte ist dies besonders wertvoll.

Methodische Anmerkungen: Das Ziel der folgenden Aufgaben ist es, Schülerinnen und Schülern dabei zu unterstützen, Unterschiede und Übereinstimmungen bei der Darstellung historischer Ereignisse abhängig von deren Entstehungsort zu erkennen. Dieses Vorgehen unterstützt die Entwicklung von interkultureller und medialer Kompetenz bei Schülerinnen und Schülern.


Fragen:

1

Lies die Artikel aus den polnischen, deutschen und spanischen Magazinen. Überlege dir, wie die jeweiligen Autoren die Rolle des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg darstellen.

Woraus resultieren die unterschiedlichen Sichtweisen desselben Problems in den drei analysierten Texten?

2

Wie stellen der deutsche und der spanische Artikel die öffentliche Meinung in den europäischen Gesellschaften am Vorabend des Kriegs dar? Wie unterscheidet sich dieser Zugang von dem Bild, das im polnischen Artikel dargestellt wird?

3

Wie waren die Reaktionen von Völkern ohne eigenen Staat auf den Krieg? Sieh dir hierzu die polnischen und spanischen Artikel an.

4

Sieh dir die Bierwerbung in dem polnischen Artikel an und auch die Karikatur von König Georg V. im spanischen Magazin. Welche Funktion haben Witz und Humor in diesen beiden Bildern?

Diskutiert folgendes Problem in der Gruppe: Wie werden heutzutage militärische Werte beworben? Wie versuchen Regierungen öffentliche Unterstützung für militärisches Vorgehen zu gewinnen (wie beispielsweise der Intervention im Irak oder in Afghanistan)?

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Fragen:

1

Lies die Artikel aus den polnischen, deutschen und spanischen Magazinen. Überlege dir, wie die jeweiligen Autoren die Rolle des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg darstellen.

Methodische Anmerkungen: Die Aufgabe kann allein oder in Zweiergruppen bearbeitet werden.
Lösung: Im polnischen Artikel wird die Rolle Deutschlands nur kurz besprochen. Der Autor erwähnt nur kurz, dass Deutschland zwar als Erstes militärisch vorging, aber sich auch durch die Triple Entente und deren feindseliger Diplomatie dazu genötigt sah (S. 32). Im spanischen Artikel wird Deutschland die meiste Schuld am Beginn des Kriegs gegeben, obwohl auch erwähnt wird, dass der Konflikt auf globaler Ebene vor allem aus den sozialen und ethnischen Spannungen der Vorjahre resultierte. („Es ist eindeutig, dass die direkte Schuld für den Kriegsausbruch bei Deutschland zu suchen ist. Allerdings kann Deutschland nicht die ganze Verantwortung hierfür angelastet werden”.). Der Autor des deutschen Artikels macht für den Kriegsbeginn nicht allein Deutschland verantwortlich. Er spricht allerdings den deutschen Politikern auch nicht völlig die Verantwortung ab. Der Text vertritt die Ansicht, dass die Eskalation des globalen Konflikts durch komplexe Zusammenhänge und Zufälle zustande kam. Die Schuld ist also bei allen Beteiligten zu verorten. („Nach seinem [des Kriegs] Ende stellte der Artikel 231 des Versailler Vertrags fest, dass die alleinige Schuld an der Tragödie von 1914 bei Deutschland liege. Diese Beschuldigung war ungerecht. Betrachtet man die Ereignisse, die zum Ersten Weltkrieg führten, lag die Verantwortung eigentlich bei allen gleichermaßen und die direkten Täter waren Wien und Berlin”.).

Woraus resultieren die unterschiedlichen Sichtweisen desselben Problems in den drei analysierten Texten?

Methodische Anmerkungen: Die Aufgabe kann allein oder in Zweiergruppen bearbeitet werden. Das Ergebnis sollte in einer Gruppen-/Klassendiskussion geklärt werden.
Lösung: Die unterschiedlichen Perspektiven auf den Beginn des Ersten Weltkriegs resultieren aus den verschiedenen Standpunkten der Autoren und deren Heimatländern. Polen trat in den Krieg ein als besetzter Staat (durch Russland, Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich), weshalb polnische Historikerinnen und Historiker zu einer kritischen Einstellung gegenüber der deutschen Politik neigen könnten. Im Gegensatz hierzu, versucht der deutsche Autor die Entscheidungen der Politiker des Deutschen Reichs im Jahr 1914 zu verteidigen. Aus deutscher Perspektive scheint es ungerecht, die gesamte Schuld am Kriegsbeginn ihrem Land zuzuschreiben. Im Ersten Weltkrieg blieb Spanien neutral, weshalb dem spanischen Autor relative Objektivität unterstellt werden könnte. In seinem Text vertritt er die verbreitete Meinung, dass Deutschland für die Eskalation des Konflikts verantwortlich war, wobei er aber zusätzlich komplexere Gründe ins Feld führt.

2

Wie stellen der deutsche und der spanische Artikel die öffentliche Meinung in den europäischen Gesellschaften am Vorabend des Kriegs dar? Wie unterscheidet sich dieser Zugang von dem Bild, das im polnischen Artikel dargestellt wird?

Methodische Anmerkungen: Die Aufgabe kann in Kleingruppen erledigt werden. Eine Gruppe könnte den deutschen, eine andere den spanischen Artikel analysieren und anschließend ihre Erkenntnisse in der Klasse austauschen.
Lösung: Der spanische Artikel erwähnt eine zurückhaltende Einstellung der europäischen Gesellschaften gegenüber dem Krieg. Allerdings werden einzelne, kriegstreibende Gruppierungen erwähnt. Die Gruppen sahen in dem Krieg die Möglichkeit, nationalistische Ziele und eine nationale Einheit zu erreichen. („Im Allgemeinen mochten die Europäer keine Kriege. [...] Die Regierungen und Militärs hatten aber eine andere Sicht und die Verhandlungen schlossen einen möglichen Frieden aus. Die Anführer hofften auf gewisse soziale Gruppen, für die der Krieg ein Ventil für innere Spannungen darstellte, der mittels eines nationalen Kreuzzugs gegen einen gehassten obwohl kaum gekannten Feind zur nationalen Gesundung führen würde.”)
Der deutsche Artikel vertritt die Meinung, dass der Kriegsbeginn für die Bürger in Europa überraschend kam. Die meisten seien gegen den Krieg gewesen. In Deutschland und Frankreich fanden Anti-Kriegs-Demonstrationen statt, die allerdings die bereits begonnenen feindlichen Auseinandersetzungen nicht mehr einzudämmen vermochten. („Um 18:00 Uhr am 23. Juli wurde Serbien vor ein Ultimatum gestellt. Für die Öffentlichkeit war dies überraschend. In diesem heißen Sommer waren viele in Urlaubsstimmung. [...] In Frankreich und Deutschland fanden Massenkundgebungen gegen den Krieg statt. Die Entscheidungen wurden allerdings hinter verschlossenen Türen getroffen, von Monarchen, Politikern und Militärs.”)
Der polnische Artikel zeigt vor allem Begeisterung in Europa beim Kriegsbeginn auf. Es wird allerdings auch erwähnt, dass es Gruppierungen (Arbeiter, Bauern und Sozialisten) gab, die sich gegen den Konflikt aussprachen.

 

3

Wie waren die Reaktionen von Völkern ohne eigenen Staat auf den Krieg? Sieh dir hierzu die polnischen und spanischen Artikel an.

Methodische Anmerkungen: Die Aufgabe kann in Zweiergruppen bearbeitet werden.
Lösung: Im polnischen Artikel wird deutlich, dass die Polen den Kriegsbeginn begrüßten. Sie sahen den Krieg als Chance ihre Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Der spanische Artikel diskutiert die Rolle von Völkern ohne eigenen Staat (beispielsweise Polen, Irland und die Tschechoslowakai) ausführlicher. Die Entwicklung eines nationalen Selbstbewusstseins innerhalb dieser Nationalität wird von dem Autor als einen der Gründe für die Entstehung der Kriegsbegeisterung angeführt. Diese Völkergruppen begrüßten den Krieg zu großen Teilen.

 

4

Sieh dir die Bierwerbung in dem polnischen Artikel an und auch die Karikatur von König Georg V. im spanischen Magazin. Welche Funktion haben Witz und Humor in diesen beiden Bildern?

Methodische Anmerkungen: Diese Aufgabe kann in Kleingruppen bearbeitet werden.
Lösung: Die ungarische Bierwerbung versucht mittels Humor, das Leben an der Front zu beschönigen und dieses für Werbezwecke zu instrumentalisieren. In Bezugnahme auf die heldenhaften Soldaten und die sich ergebenden Feinde, sollen Konsumenten vom Produkt überzeugt werden. Im Gegensatz hierzu, dient die Karikatur im spanischen Magazin Propagandazwecken. Der Konflikt zwischen Großbritannien und Deutschland - den beiden Länder, die sich um die Vorherrschaft auf See streiten - wird hier methaporisch abgebildet.
Der Humor dient also im Bezug auf Krieg verschiedenen Zwecken:

- Der Verbesserung der Moral der Gesellschaft und der Ausbildung von Patriotismus
- Der Bloßstellung und Verlachung des Feinds
- Der Bekanntmachung und Rechtfertigung von Entscheidungen der Autoritäten in der Mehrheitsgesellschaft
- Der Anleitung von Menschen zu bestimmtem Verhalten (hier: dem Kauf von bestimmtem Bier)
- Der psychologischen Kriegsführung, durch die Beeinflussung der Zuversicht und des Siegeswillens der Feinde

Diskutiert folgendes Problem in der Gruppe: Wie werden heutzutage militärische Werte beworben? Wie versuchen Regierungen öffentliche Unterstützung für militärisches Vorgehen zu gewinnen (wie beispielsweise der Intervention im Irak oder in Afghanistan)?

Methodische Anmerkungen: Die Aufgabe kann in einer von der Lehrkraft geführten Gruppen- oder Klassendiskussion bearbeitet werden.
Lösung: Die Schülerinnen und Schüler können verschiedene Beispiele aufführen, die sie aus ihrer eigenen Erfahrung (Medien, Filme, Bücher) kennen.

Beispiele:

- Militärparaden
- Gedenktage (Volkstrauertag usw.)
- Werbung für die Streitkräfte im Fernsehen oder in Magazinen, zur Gewinnung von Freiwilligen
- Das Bild des Soldaten als heldenhafter Verteidiger seines Landes (vor allem in amerikanischen Filmen)

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