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Kolumbus, ein beliebter historischer Charakter

 

Die Darstellung von Christoph Kolumbus in populärwissenschaftlichen Geschichtsmagazinen

 

von Thomas Nygren Universität Dalarna

 


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Grundlegende Informationen

Das Leben und die Taten von Kolumbus bilden einen wichtigen Teil der westlichen Geschichtsschreibung. Seine Rolle als Abenteurer und Entdecker findet Niederschlag in unserer derzeitigen Geschichtskultur. Seine Reise nach Amerika sowie die hieraus resultierenden Konsequenzen leisteten unzweifelhaft einen wesentlichen Beitrag zum Wandel der Machtverhältnisse, der Wirtschaft, aber ebenso zum Leid der Welt.

Kolumbus im schwedischen Lehrplan

Die Lehrpläne Schwedens führen Kolumbus nicht namentlich auf. Relevanter sind historische Epochen und deren Dekonstruktion. Die Lehrpläne betonen hinsichtlich der Bewertung außerdem das Nachvollziehen historischer Prozesse, Ereignisse und Personen.


Vom chronologischen Gesichtspunkt aus kann Kolumbus in die Epoche, die der Lehrplan Renaissance nennt, eingeordnet werden. Er kann als zentrale Figur im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit begriffen werden und wird als Beispiel für das Zeitalter der Entdecker angeführt. Die verschiedenen Perspektiven auf Kolumbus bieten die Möglichkeit, die Konstruktion von Epochenschwellen und -wendepunkten zu problematisieren.
Zum Beispiel: Was heißt es
modern zu sein? Ist er ein Mensch der Renaissance (oder sind seine Handlungen eher mittelalterlich)? Falls er ein Entdecker ist, was hat er entdeckt (bedenkt man, dass bereits Menschen in dem Land, welches wir Amerika nennen, lebten)?

Ein zentraler Bestandteil des Lehrplans bildet zudem der Themenbereich Kolonialismus und die Betrachtung sich ändernder Machtgefüge und deren historische Erklärung. Die Schülerinnen und Schüler sollen befähig werden, diese aus verschiedenen Perspektiven zu hinterfragen.

Es ist offenkundig, dass die Zeit, in der Kolumbus lebte, von wichtigen Veränderungen geprägt war. Welche Bedeutung hat aber die Dominanz der westlichen Hemisphäre auf den Ozeanen in einem weltgeschichtlichen Kontext? Wie kam es dazu, dass Europa die vorherrschende Macht in der Weltpolitik wurde?


Außerdem legen die Lehrpläne Wert darauf, dass Geschichtsunterricht verschiedene Sichtweisen auf menschliche Werte aufzeigen soll, die beispielsweise auf Ethnizität und Gender basieren können. Die Zusammenkunft des Entdeckers mit der indigenen Bevölkerung bietet ein gutes Beispiel, um Werte und Ethnizität zu thematisieren.

Lernziele

 

Das Ziel der hier präsentierten Informationen ist zweiteilig: einerseits die Verbesserung der medienkritischen Kompetenz der Schüler und andererseits deren Fähigkeit sich verschiedene historische Perspektiven anzueignen, die sogenannte Multiperspektivität. Der Gedanke hinter diesem Material ist, dass es als Grundlage zur kritischen Text- und Bildbetrachtung dient und dies im Bereich der populären Geschichte expliziert.


Bei der Bewertung und dem Vergleich von populären Geschichtsmagazinen und Büchern lernt man, mit verschiedenen Möglichkeiten der Präsentation eines historischen Themas umzugehen. Außerdem lernt man, die Unterschiede eines mehr oder weniger wissenschaftlichen Umgangs mit Geschichte zu erkennen. Die Vor- und Nachteile der Popularisierung werden deutlich. Indem Magazine verschiedener Länder verglichen werden, werden zudem verschiedene Perspektiven ersichtlich.


Wie bereits oben erwähnt, können das Leben und die Taten von Kolumbus mit vielen Teilen des Lehrplans verknüpft werden. Historische Entwicklungsprozesse, Geschichtskultur und kritisches Denken können hervorgehoben, verbessert und entwickelt werden, indem das vorliegende Material zu Kolumbus verwendet wird.

Kolumbus in schwedischen Schulbüchern

Die Rolle von Kolumbus in der Geschichte kann von zahlreichen Standpunkten aus diskutiert werden. Beispielsweise beschreiben Schulbücher Kolumbus auf unterschiedliche Art und Weise. In einem Schulbuch wird er dem Kapitel Europa entdeckt die Welt zugeordnet, wobei sein Leben und seine Taten in einem anderen Schulbuch als Teil der frühen Moderne beschrieben werden.

Beschreibungen von Kolumbus als Person sind aus bekannten Gründen nicht sehr detailliert (begrenzter Platz etc.). Im Allgemeinen findet sich aber keine kritische Herangehensweise an die Taten von Kolumbus in Schulgeschichtsbüchern. Allerdings wird er auch als Teil einer negativen Entwicklung angesehen, was das Leid der von Europa kolonisierten Menschen betrifft.

Sichtweise auf das Thema „Kolumbus und die ‚Entdeckung’ der ,Neuen Welt’“ in deutschen bzw. bayerischen Schulbüchern

Als Hintergrund für die Analyse der Darstellung von Kolumbus und der „großen Entdeckungen“ in den nationalen Zeitschriften wird hier die Sichtweise des Themas in den bayerischen Lehrplänen und Schulbüchern kurz erläutert.
Kolumbus und die Entdeckung des Seeweges nach Amerika werden primär als integraler Bestandteil der „Zeitenwende“ vom Mittelalter zur Neuzeit konzipiert – und beispielsweise nicht als Beginn des europäischen Kolonialismus interpretiert, was auch mit der kurzen deutschen Kolonialgeschichte (1884-1918) und der entsprechenden Distanz des deutschen Narrativs zur Geschichte des Kolonialismus zusammenhängen mag.
Zusammen mit der Erfindung des Buchdrucks und der damit einhergehenden Medienrevolution, dem Humanismus, der Renaissance und Reformation gilt Kolumbus‘ „Entdeckung Amerikas“ als signifikanter Schritt in die Neuzeit, weil sich das Weltbild durch die neuen Kenntnisse von der Gestalt der Erde revolutionär veränderte. Das Jahr 1492 wird dabei üblicherweise als Epochenjahr und somit als „Wendepunkt“ der Weltgeschichte interpretiert. Dabei werden Kolumbus und seine „Entdeckungen“ als herausragende europäische Leistung und als Beginn des „rise of the west“ gedeutet; eine nationale Vereinnahmung unterbleibt in bayerischen Lehrwerken.
Eine Problematisierung der „Entdeckungen“ des Kolumbus bleibt häufig aus: Seine Leistungen werden zumeist als heroische Einzeltat präsentiert, für welche die Zeit gekommen war – während die Zufälligkeit der „Entdeckungen“ zwar nicht verschwiegen, aber auch nicht herausgehoben wird.
Des Weiteren wird die „Entdeckung Amerikas“ im Lehrplan und im Schulbuch nicht umfassend historisiert. Sie erscheint als selbstverständlicher Beginn der europäischen Vorherrschaft in der Welt (bis 1918), wobei die Schülerinnen und Schüler leicht den falschen Eindruck gewinnen können, dass Europa schon immer ein Gravitationszentrum der Weltgeschichte gewesen sei. Diese eurozentrische Perspektive verschleiert die periphere Stellung des mittelalterlichen Europas in den transnationalen eurasischen Netzwerken und hält es nicht für erklärungsbedürftig, warum es Europa bzw. die europäischen Seefahrer und nicht etwa Bewohner anderer Kontinente waren, welche am Ende des Mittelalters den Seeweg nach Amerika entdeckt haben.
Die Folgen für die indigene Bevölkerung und die indigene Perspektive werden in den Lehrplänen und Schulbücher im Allgemeinen berücksichtigt, wobei es sich dabei oft auch nur um einige wenige Sätze im Darstellungsteil handeln kann.

 

 

Vom EHISTO-Team, Augsburg


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